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Was Pfullinger Fraktionen zur Stadtbahn sagen

Auch wenn die Trassenführung noch nicht feststeht: Die Regional-Stadtbahn wird das Stadtbild in Pfullingen nachhaltig prägen. Das sagen die Fraktionen im Gemeinderat zu dem großen Infrastrukturprojekt.

Auf welcher Trasse die Regional-Stadtbahn durch Pfullingen fahren wird, ist noch nicht sicher. Foto: Zweckverband Regional-Stadtbahn Neckar-Alb
Auf welcher Trasse die Regional-Stadtbahn durch Pfullingen fahren wird, ist noch nicht sicher.
Foto: Zweckverband Regional-Stadtbahn Neckar-Alb

PFULLINGEN. In den kommenden zwei Monaten berät und entscheidet der Pfullinger Gemeinderat über die Trassenführung der Regional-Stadtbahn (RSB). Wie stehen die Fraktionen im Gemeinderat zu dem Infrastukturprojekt, das das Stadtbild und die Mobilität nachhaltig prägen wird? Stephan Wörner (UWV), Timo Plankenhorn (CDU), Britta Wayand (FWV), Berkay Temelli (SPD) und Traude Koch (GAL) nehmen stellvertretend für ihre Fraktionen Stellung.

UWV: Kritisch begleiten

Stephan Wörner, UWV. Foto: Privat
Stephan Wörner, UWV.
Foto: Privat

Grundsätzlich akzeptieren wir von der UWV die Entscheidung, eine Regional-Stadtbahn bauen zu wollen. Die sich daraus für unsere Stadt ergebenden Chancen und Herausforderungen werden wir im Rahmen unserer Möglichkeiten fördernd und kritisch fordernd begleiten. Die RSB grundsätzlich abzulehnen, steht für uns nicht zur Debatte, weil diese Entscheidung nicht von uns zu treffen ist. Dieser Grundsatzbeschluss wird an höherer Stelle gefasst.

Umso mehr begrüßen wir, dass der Pfullinger Gemeinderat für die Wahl der Streckenführung im Stadtgebiet angehört und beteiligt wird. Wir sehen hier mehrere zu berücksichtigende Faktoren: Neben den zukünftigen Kosten für Betrieb und Unterhalt soll der größte Mehrwert für unsere Stadt bei gleichzeitig höchstem Nutzen für die Region entstehen. Sowohl die Reduktion des Individualverkehrs als auch der touristische Nutzen für Pfullingen und die Region stehen dabei im Fokus.

Dabei darf nicht aus den Augen verloren werden, dass wir eine Entscheidung zu treffen haben, die sich auf die nächsten fünfzig bis hundert Jahre prägend auf Pfullingen auswirken wird. Unserer Meinung nach ist es daher nicht von ausschlaggebender Bedeutung, welche Leitungen versetzt oder welche Bäume neu gepflanzt werden müssen. Vielmehr halten wir den langfristigen Nutzen für das wichtigste Kriterium. Wir von der UWV werben dafür, die Veränderung im Stadtbild als Chance zur Neugestaltung wahrzunehmen und nicht als ablehnendes Argument gegen die RSB.

Die Stadträte der UWV sind nicht an einen Fraktionszwang gebunden und werden daher alle so abstimmen, wie sie es unter Berücksichtigung der vorgenannten Argumente für richtig halten. Einig sind wir uns darin, dass es nun Zeit ist, endlich eine Entscheidung zu treffen. Nur so kann es vorwärts gehen – auf der einen oder auf der anderen Trasse.

CDU: Viele offene Fragen

Timo Plankenhorn, CDU. Foto: Privat
Timo Plankenhorn, CDU.
Foto: Privat

Die CDU-Fraktion steht grundsätzlich zum Bau der Regional-Stadtbahn im Echaztal, um auch Pfullingen an dieses wegweisende, überregionale ÖPNV-Angebot anzubinden. Allerdings sind für uns, nach wie vor, viele Fragen unbeantwortet geblieben, die für eine Trassenentscheidung aus unserer Sicht notwendig wären. Der Zweckverband Regional-Stadtbahn ist nach wie vor konkrete Antworten auf wichtige Fragestellungen, wie zum Beispiel Fragen zur Verkehrslen-kung oder Artenschutz-Untersuchungen, schuldig geblieben.

Auch die Kostenberechnung und Betriebskostenschätzung überzeugen bisher nur teilweise, beziehungsweise sind aktuell eher dürftig. Damit die Regional-Stadtbahn einen wirklichen Mehrwert für die Stadt und die Region schafft, muss sie am Ende auch von den Bürgern angenommen werden. Ob das auch der Fall sein wird, daran wird sich das Projekt messen lassen müssen. Elementar für eine vielfältige Nutzung ist für uns dabei ein attraktives Ticket- und Preismodell. Trotz hoher Investitionen muss die Bahn auch finanziell eine gute Alternative darstellen.

Die CDU-Fraktion spricht sich bei der Frage nach der Trassenführung, trotz vielfältiger Unklarheiten und Unsicherheiten, auf der Grundlage der derzeit vorhandenen Informationen für die Trassenführung auf der Innenstadttrasse aus.

Aus unserer Sicht überwiegen bei der Innenstadttrasse aktuell die Vorteile, wie die Haltestellenpositionierung an strategisch wichtigen Punkten, zum Beispiel Freibad/Pfullinger Hallen, und die erheblich günstigeren Baukosten. Gerade auch im Hinblick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage müssen wir die finanzielle Situation in den Blick nehmen.

Aber auch bei der Innenstadttrasse sind noch wichtige Fragen, wie beispielsweise das Ersatzverkehrskonzept, die konkreten Aufwendungen und Verteilung der Betriebskosten sowie das Parkierungskonzept entlang der Trasse weiter ungeklärt. (GEA)

FWV: Generelle Ablehnung

Britta Wayand, FWV. Foto: Privat
Britta Wayand, FWV.
Foto: Privat

Die  FWV-Fraktion  lehnt  eine  Regional-Stadtbahn durch Pfullingen generell ab. Sie ist derzeit weder finanzierbar, noch trägt sie wesentlich zu einer Entlastung des Verkehrs auf den Straßen bei, sie wird immer ein Zuschussbetrieb sein und vor allem ist sie nicht zeitgemäß.

Laut einer aktuellen Umfrage des Digitalverbands Bitcom können sich 70 Prozent der Bevölkerung vorstellen, einen autonom fahrenden Bus zu nutzen. Diese Busse sind flexibler, sie holen die Menschen direkt dort ab, wo sie wohnen, die Busse können einen Stau auch mal umfahren und sie sind wesentlich günstiger zu finanzieren, da sie keine eigene Infrastruktur brauchen.

Die Finanzierbarkeit einer RSB ist derzeit mehr als fraglich. Zwar zahlen den Löwenanteil Bund und Land, den Rest übernehmen aber der Landkreis und die Anliegergemeinden. Ein schwieriges Unterfangen in der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Kommunen. Und natürlich ist es mit der Finanzierung der Trasse nicht getan, auch die notwendige Infrastruktur entlang der Trasse und die künftigen Kosten für die Bewirtschaftung muss die Gemeinde übernehmen.

Die Frage nach der Trassenführung stellt sich für die FWV also nicht. Beide Trassen haben im Übrigen ihre Vor- und Nachteile. Beide belasten die direkten Anwohner in erheblichem Maß. Obendrein durchschneidet die Innenstadttrasse Pfullingen von Nord nach Süd. Eine Ost-West-Querung wird dadurch schwerer möglich. Hinzukommt, dass die Fahrt durch die Innenstadt länger dauert, sie sogar am Lindenplatz geteilt werden muss und sich der Individualverkehr hinter der RSB auf gleicher Fläche einreihen muss. Konsequenz: Hält die RSB an der Haltestelle, steht der komplette Verkehr still.

Was außerdem gegen die RSB durch Pfullingen spricht, ist die lange Bauzeit. Bis die erste Bahn durch Pfullingen fährt haben wir in Bezug auf die Mobilität längst andere, flexiblere und kostengünstigere Lösungen gefunden. Wir können mit Ideen von gestern die Zukunft von morgen nicht gestalten.

SPD: Frage nach dem Sinn

Berkay Temelli,SPD. Foto: Privat
Berkay Temelli,SPD.
Foto: Privat

Die SPD-Fraktion sieht die Echaztaltrasse der Regional-Stadtbahn unter den heutigen Gegebenheiten durchaus auch kritisch, denn es darf hinterfragt werden, ob eine derartige Millionen-Investition, allein für diesen Abschnitt und unter der sich veränderten Arbeitswelt (Homeoffice zum Beispiel) und steigender E-Mobilität noch sinnvoll ist?

Sollte das Projekt im Echaztal kommen, dann muss sie das halten, was der Name verspricht: eine Regional-Stadtbahn, die der Region nutzt und diese als schnelle Verbindung zusammenführt. Aus diesem Grund sprechen wir uns für die Führung auf der alten Bahntrasse mit maximal drei Haltestellen innerhalb Pfullingens und einer eingleisigen Weiterführung, ab dem Pfullinger Bahnhofsanger Richtung Lichtenstein aus.

Auf der aktuell freien Fläche am alten Bahnhof kann das entstehen, was die Schiene heute erst wirklich attraktiv macht: Hier könnten die benötigten Parkplätze (P+R), E-Ladestationen für Fahrräder und Autos sowie eine Schnittstelle zwischen Bus- und Bahnverkehr entstehen. Das ist bei der Innenstadtstrecke an keiner Stelle so realisierbar.

Die Führung der RSB durch die Innenstadt ist nur dann möglich, wenn diese buchstäblich ausgeräumt wird, denn die Bahn braucht viel Platz – den wir nicht haben!

Die Marktstraße muss trotz Tunnels täglich rund 12.000 Fahrzeuge verkraften (bei Tunnelsperrung zusätzlich bis zu 24.500 Fahrzeuge – Quelle: Mobilitätskonzept). Daher halten wir eine Trassenführung hier für ausgeschlossen.

Pfullingen hat wegen der innenstadtnahen alten Bahntrasse (rund 150 Meter zur Neuen Mitte), die einmalige Chance, trotz des Durchgangsverkehrs sowohl eine lebenswerte, klimaresiliente und zukunftsorientierte Innenstadt (Stadtgrün, Radwegeführung, Aufenthaltsflächen und weiteres) zu gestalten, als auch über eine schnelle RSB auf der reaktivierten Bahntrasse an das Schienennetz der Region angeschlossen zu werden. Wir sollten diese Chance nutzen!

GAL: Große Chance

Traude Koch,GAL. Foto: Privat
Traude Koch,GAL.
Foto: Privat

Seit mehr als 20 Jahren setzt sich die GAL-Fraktion Pfullingen für die Regional-Stadtbahn Neckar-Alb ein und unterstützt sie ausdrücklich. Wir sehen dieses Vorhaben als große Chance für unsere ganze Region und für Pfullingen mittendrin. Nichts ist so nachhaltig, als in Infrastruktur zu investieren.

Durch den schienengebundenen ÖPNV mit einem für Pfullingen 15-Minuten-Takt nach Reutlingen und 30-Minuten-Takt nach Tübingen, Bad Urach und Engstingen, erhalten wir eine zukunfts-fähige, schnellere, komfortablere und barrierearme Mobilitätsform mit deutlich höherer Kapazität als bisherige Busse.

Aus Gründen des Klimaschutzes muss unsere Mobilität so schnell wie möglich klimaneutral werden. Als echte Alternative zum Auto entlastet die Bahn den Straßenverkehr, sie leistet durch ihre Effizienz hier einen großen Beitrag, was zu weniger Staus und besserer Luftqualität führt.

Zunächst unabhängig von der Trassenführung hat die schnellstmögliche Realisierung der Regional-Stadtbahn in und für Pfullingen sehr hohe Bedeutung, die Vor- und Nachteile beider Trassen sollten sachlich betrachtet und nicht gegeneinander ausgespielt werden.

In der Abwägung der Vor- und Nachteile priorisieren wir als GAL-Fraktion die Innenstadttrasse. Diese weist ein höheres Fahrgastpotenzial auf, die Haltestellen erschließen genau die richtigen Stellen. Die Innenstadttrasse bietet Chancen, die Leitungsinfrastruktur parallel zum Bau der Bahn zu entwickeln und dafür zusätzliche Fördermittel zu erhalten, die Umgestaltung der alten Bundesstraße zu einem klimafreundlichen Straßenraum mit Grünstreifen und hoher Aufenthaltsqualität der Haltestellen und die Bahntrasse bleibt Naherholungsgebiet, wichtig für sichere Verbindungen im Fußverkehr, und kann für gemeinsame Nutzung des Fuß- und Radverkehrs verbessert werden.

In der Folge des Baus der RSB ist eine kluge Neuaufstellung aller Buslinien nötig, als Zubringer zur Bahn und für effektiv geführte Ost-West-Verbindungen. Auch bei der Verknüpfung der verschiedenen Verkehrsarten sehen wir die Innenstadttrasse im Vorteil. (GEA)