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Aktuell Kriminalität

Diese spektakulären Fälle haben die Reutlinger Polizei 2021 beschäftigt

In der polizeilichen Kriminalstatistik sind auch besonders brutale Fälle festgehalten, die in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen passiert sind. Und auch um jede Menge Drogen ging es 2021.

Ein 37-Jähriger ist bei einem Familienstreit in Mössingen-Belsen tödlich verletzt worden.
Ein 37-Jähriger ist bei einem Familienstreit in Mössingen-Belsen im November 2021 tödlich verletzt worden. Foto: Jürgen Meyer
Ein 37-Jähriger ist bei einem Familienstreit in Mössingen-Belsen im November 2021 tödlich verletzt worden.
Foto: Jürgen Meyer

REUTLINGEN/TÜBINGEN. Reutlingen ist so sicher wie seit 17 Jahren nicht mehr. Das ist ein Ergebnis der polizeilichen Kriminalstatistik für 2021, die das Präsidium Reutlingen am Mittwoch veröffentlicht hat. Es wurden 43.957 Straftaten registriert. Das entspricht im Vorjahresvergleich einem Rückgang um knapp zwölf Prozent (2020: 49.867). Hinter den vielen Zahlen in der Statistik verbergen sich aber auch besonders brutale Kriminalfälle, die in den Kreisen Reutlingen und Tübingen passiert sind. Und auch eine große Menge Drogen wurde 2021 im Landkreis Reutlingen sichergestellt.   

Versuchter Mord in Reutlingen

An einem Sonntag Ende April 2021 traf sich ein 16-jähriger Jugendlicher mit einem gleichaltrigen Bekannten. Die beiden hatten seit mehreren Wochen schon Streit und wollten sich aussprechen, schildert die Polizei. Unter einem Vorwand lenkte der Beschuldigte den Geschädigten dann ab und stach plötzlich und unvermittelt mehrfach auf das wehrlose Opfer ein. Das Opfer wollte flüchten, kam aber auf der Straße zu Fall. Dort stach der Täter weiter auf den am Boden liegenden Jugendlichen ein und ließ erst von ihm ab, als ein heranfahrender Autofahrer aufgrund des Vorfalls direkt vor den Beteiligten anhalten musste.

Der Geschädigte erlitt durch den Angriff schwere Stichverletzungen und musste in einer Klinik notoperiert werden. Die Staatsanwaltschaft Tübingen unterstellte dem Tatverdächtigen neben der Tötungsabsicht besondere Heimtücke, so dass das Amtsgericht Tübingen zunächst Haftbefehl wegen versuchtem Mord erließ. Der Beschuldigte wurde vom Landgericht Tübingen im Dezember 2021 zu einer Jugendfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt.

Versuchtes Tötungsdelikt in Reutlingen

Anfang Februar kam es im Hofraum eines ehemaligen Fabrikgeländes zu einem Streit zwischen einem 41-jährigen Werkstattbetreiber und dem 24-jährigen syrischen Beschuldigten. In der Folge fuhr der Beschuldigte mit seinem Auto zunächst erst bis auf etwa einen Meter auf den 41-Jährigen und dessen Begleiter zu, hielt jedoch noch vor ihnen an.

Beim anschließenden Zurücksetzen prallte der 24-Jährige mit seinem Auto zunächst gegen einen Container, bevor er erneut auf den Geschädigten zusteuerte, welcher sich gerade in seine Werkstatt zurückziehen und in Sicherheit bringen wollte. Noch vor dem Betreten der Werkstatt wurde der Geschädigte frontal vom Auto erfasst und auf die Motorhaube geschleudert. Anschließend durchbrach der Wagen mit dem sich an der Stoßstange festhaltenden Geschädigten das geschlossene Rolltor der Werkstatt und kollidierte dort mit einem Stützpfeiler.

Nachdem der Geschädigte auf dem Boden zum Liegen kam, setzte der Beschuldigte abermals zurück, blieb jedoch mit seinem Auto im Rolltor stecken. Während der Täter durch die Polizei vorläufig festgenommen werden konnte, wurde der schwer verletzte Geschädigte stationär in einer Klinik aufgenommen. Der Syrer wurde nach der haftrichterlichen Vorführung in Untersuchungshaft genommen. Das Landgericht Tübingen verurteilte ihn Ende Juli wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren.

Mord in Rottenburg

Anfang 2021 kam es in einem Mehrfamilienhaus in Rottenburg zu einem Mord innerhalb einer Hausgemeinschaft. Nach den kriminalpolizeilichen Ermittlungen bestand der dringende Verdacht, dass ein 43-jähriger Altenpfleger seine 66-jährige Nachbarin beraubt und getötet hat. Der Beschuldigte mit tschechischer Staatsangehörigkeit wurde zeitnah festgenommen und kam nach entsprechender richterlicher Vorführung beim Amtsgericht Tübingen in Untersuchungshaft. Im Herbst 2021 verurteilt ihn das Landgericht Tübingen wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Das Urteil ist rechtskräftig.

Mord in Mössingen

Ein 37 Jahre alter Syrer wurde im Mössinger Stadtteil Belsen Ende November mit mehreren Messerstichen getötet. Zunächst konnte der Verletzte noch auf die Straße flüchten, wo er jedoch kurze Zeit später seinen massiven Verletzungen erlag. Als Hintergrund für die Tat kamen familiäre Unstimmigkeiten in Betracht, teilt die Polizei mit. Der Beschuldigte, ein 19 Jahre alter Schwager des Opfers, befand sich zunächst auf der Flucht, konnte aber wenige Tage nach der Tat in Stuttgart festgenommen und in Untersuchungshaft überstellt werden. Bei der Staatsanwaltschaft Tübingen wird derzeit die Anklage wegen Mordes vorbereitet.

Noch während des Eintreffens des alarmierten Notarztes und des DRK-Rettungswagens erlag der Schwerstverletzte in Mössingen-Belse
Szene aus der Tatnacht: Noch während des Eintreffens des alarmierten Notarztes und des DRK-Rettungswagens erlag der Schwerstverletzte in Mössingen-Belsen seinen Verletzungen. Foto: Jürgen Meyer
Szene aus der Tatnacht: Noch während des Eintreffens des alarmierten Notarztes und des DRK-Rettungswagens erlag der Schwerstverletzte in Mössingen-Belsen seinen Verletzungen.
Foto: Jürgen Meyer

Versuchtes Tötungsdelikt und Zivilcourage in Rottenburg 

Anfang September gingen an einem frühen Abend mehrere Notrufe beim Führungs- und Lagezentrum ein, in denen von einem Mann berichtet wurde, der in der Rottenburger Innenstadt mit einem Messer unterwegs sei und Passanten bedrohe. Im Zuge der polizeilichen Ermittlungen ergab sich der dringende Verdacht, dass der Verdächtige verschiedene Personen nicht nur verbal oder mit dem Messer bedroht hatte, sondern teilweise auch versucht hatte, auf diese einzustechen.

Außerdem soll der Verdächtige mehrere Autofahrer angehalten und mit dem Messer auf die Fahrzeugscheiben eingestochen oder eingeschlagen haben. Ein beherzt eingreifender 44-jähriger Mann, der Zeuge des Geschehens war, konnte den Beschuldigten zu Boden bringen, gemeinsam mit weiteren Helfern überwältigen und bis zum Eintreffen der Polizei festhalten. Die Polizeibeamten nahmen den erheblich betrunkenen Rumänen fest, der sich offenbar n einem psychischen Ausnahmezustand befand. Der bisher unbescholtene Mann wurde zunächst in einer Fachklinik untergebracht und tags darauf dem Haftrichter beim Amtsgericht Tübingen vorgeführt. Dieses erließ den von der Staatsanwaltschaft beantragten Unterbringungsbefehl und wies den Mann in die forensische Abteilung eines Zentrums für Psychiatrie ein. 

Verfahren gegen Drogenhändlernetz im Landkreis Reutlingen

Ab dem Frühjahr 2021 wurde in Reutlingen gegen acht mutmaßliche Mitglieder eines Drogenhändlernetzes im Alter von 22 bis 60 Jahren ermittelt. Nach monatelanger Ermittlungsarbeit wurden Anfang Juli dann acht Wohnungen durchsucht. Dabei konnten in Dettingen/Erms eine professionelle Aufzuchtanlage für Marihuana im Wert von mehreren tausend Euro sowie mehrere hundert Gramm abgeerntetes Marihuana sichergestellt werden. An einem zweiten Ort in Dettingen/Erms wurden eine andere Anlage mit aufwachsenden Pflanzen und etwa drei Kilogramm abgeerntetes Marihuana gefunden und beschlagnahmt. Weitere knapp 100 Gramm Marihuana konnten an weiteren Durchsuchungsobjekten in Dettingen/Erms, Pfullingen, Pliezhausen und Pfalzgrafenweiler beschlagnahmt werden.

Gegen die beiden Hauptbeschuldigten, einen 27-Jährigen aus Pliezhausen und einen 28-jährigen Pfullinger wurde vom Amtsgericht Tübingen Untersuchungshaft angeordnet. Im Zuge der weiteren Ermittlungen kamen die Ermittler drei Gambiern im Alter von 23, 24 und 30 Jahren auf die Spur, die diverse Parkanlagen im Reutlinger Stadtgebiet als Kontakt-, Verkaufs- und Bunkerörtlichkeit für ihren schwunghaften Drogenhandel nutzten, schildern die Beamten.

Beim Vollzug der Haftbefehle und der Durchsuchungsbeschlüsse für die Zimmer der Männer in einer Flüchtlingsunterkunft wurden über eineinhalb Kilo Marihuana, mehr als 850 Gramm Amphetamin, etwa 80 Ecstasy-Tabletten sowie mehrere hundert Euro mutmaßliches Dealergeld beschlagnahmt. Alle drei Beschuldigten wurden nach der haftrichterlichen Vorführung in Untersuchungshaft genommen.

Auch ein 47-jährigen Iraner aus Reutlingen, der verdächtigt wurde, die örtliche Szene mit Heroin und Crystal-Meth zu versorgen, geriet in das Visier der Ermittler. Bei seiner Festnahme in der Reutlinger Innenstadt hatte der Mann zehn verkaufsfertige Plomben Crystal-Meth und fünf verkaufsfertige Plomben Heroin bei sich. In seiner Wohnung wurden weiteres Heroin und umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Auch für ihn ordnete ein Richter Untersuchungshaft an.

Im Gesamten konnten bei den 27 Ermittlungsverfahren insgesamt 23 Durchsuchungsbeschlüsse sowie neun Haftbefehle erwirkt und vollstreckt werden. Es wurden insgesamt etwa acht Kilo Marihuana, je circa 800 Gramm Hanfstroh und Amphetamin, 156 Ecstasy-Tabletten, ein Liter Cannabis-Öl sowie Kleinmengen Kokain, Heroin, Crystal-Meth und Subutex-Tabletten sichergestellt. Des Weiteren beschlagnahmte die Polizei 2.860 Euro mutmaßliches Dealergeld. Der Beginn der Verhandlungen gegen die beteiligten Personen am Amtsgericht Tübingen war für Anfang März 2022 angesetzt. Die Urteile stehen noch aus, so die Polizei. (pol)