PFULLINGEN. Sie seien in den vergangenen Jahren eher zurückhaltend gewesen, das sagen die jungen Pfullinger Gemeinderäte Meike Schmied und Felix Mayer (beide CDU) sowie die Jugendgemeinderäte Tobias Schwarz und Michael Schwarz über sich selbst. Was aber am Sonntag in den Pfullinger Hallen beim Bürgerempfang geschah, »hat selbst uns den Mund offen stehen lassen«, schreiben sie jetzt in einem Brief, der gestern den GEA erreichte und den wir im Folgenden leicht gekürzt wiedergeben. Geschrieben haben sie den Brief »nicht aus Streitlust«, wie sie betonen, sondern, um die Bürger zu informieren.
"Wie Bürgermeister Schrenk körperliche Angriffe und schlimmste Bedrohungen auf Kommunalpolitiker, die es andernorts in Deutschland schrecklicherweise tatsächlich gegeben hat, mit der verbalen Kritik aus unserem Gemeinderat und von Pfullinger Bürgern vergleichen konnte, ist nicht begreifbar. Eigentlich ist es unsagbar. Wenn wir dann noch sein Verständnis der Aufgabenteilung zwischen Gemeinderat und Bürgermeister sowie seine Auslegung der Gemeindeordnung dazu nehmen, sind das die letzten eindeutigen Signale, wie grundsätzlich zerrüttet das Verhältnis zwischen Bürgermeister und Gemeinderat ist.
Den Gemeinderat und den Bürgermeister als gemeinsame Besatzung eines Bootes zu sehen – das ist sicher keine verkehrte Metapher. Dann aber die Rollenverteilung so zu interpretieren, wie am Sonntag von der Bühne deklariert, dass es nämlich einen Kapitän und 22 Ruderer gebe – dieses Zerrbild wollen wir so nicht stehen lassen. 22 Ruderer (Gemeinde-räte), die nach Anweisung des Kapitäns rudern sollen. (…) Unser Verständnis von kommunaler Mitbestimmung ist jedenfalls ein anderes."
Oft hätten die jungen Kommunalpolitiker in den vergangenen Tagen von Bürgern Sätze wie: "Es sind doch immer die gleichen, die öffentlich gegen den Bürgermeister hetzen", oder: "Der Klaiber von der CDU hat wohl keine Unterstützung aus dem Gemeinderat, oder warum steht immer nur er in der Presse?" gehört. "Das stimmt nicht, ganz in Gegenteil", heißt es in dem Schreiben weiter: "Selbstverständlich braucht jede Kritik jemanden, der diese – wenn auch teilweise für manchen Geschmack zu frontal – offen ausspricht. (…) Aber in diesem Gemeinderat sitzen 22 Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerschaft, die mittlerweile nahezu alle an einem Strang ziehen. Es sind nicht nur wenige oder gar einzelne Gemeinderatsmitglieder, die ihre Kritik an der Führungsarbeit des Bürgermeisters und des Hauptamts äußern. Allein die zurückliegende Haushaltsberatung ist eine Demonstration dafür gewesen, wie einig die Fraktionen dabei zusammenstehen.
Natürlich möchten wir keineswegs abstreiten, dass in den letzten Jahren sicherlich auch gute Arbeit auf dem Rathaus geleistet wurde. Allerdings haben sich die Spannungen aufgrund der Art und Weise, wie manches angegangen wurde, immer mehr aufgeschaukelt und wir hoffen, dass sich die Wogen wieder zu einem konstruktiven Miteinander glätten."
Auch hören und lesen die Unterzeichner des Briefs Sätze wie, man solle sich an einen Tisch setzen, diese Probleme einfach intern lösen und dann wieder gemeinsam an einem Strang ziehen. Dem halten die jungen Kommunalpolitiker entgegen: »Es wurden vonseiten des Gemeinderates unzählige Versuche unternommen – in nicht-öffentlichen Sitzungen, in Telefonaten, in Fraktionsvorsitzendenrunden, in einer Mediation, in öffentlichen Sitzungen –, um mit der Hauptamtsleitung und dem Bürgermeister die unterschiedlichen Problemstellungen in Gesprächen und im Miteinander zu lösen. Leider führten diese Versuche oft ins Leere und scheiterten – sicherlich nicht, weil wir im Gemeinderat nicht dazu bereit gewesen wären.« Und auch dem Jugendgemeinderat werde die Arbeit nicht erleichtert, wenn vonseiten der Stadtverwaltung Informationen zu jugendpolitischen Themen aufgrund mangelnder Kommunikationsbereitschaft vorenthalten würden.
Im Brief heißt es weiter: "Kritikfähigkeit ist die Fähigkeit, Kritik anzuhören und konstruktiv umzusetzen. Wir denken – auch mit weniger Lebenserfahrung als andere –, dass ein Bürgermeister und eine Hauptamtsleiterin einer Stadt unserer Größe dies in besonderem Maße leben sollten – selbstverständlich ist diese Fähigkeit für eine konstruktive Zusammenarbeit genauso wichtig für Mitglieder des (Jugend-)Gemeinderats.
Jedoch hilft es daher nicht, den Gemeinderat immer wieder als Buhmann zu präsentieren. Und genauso ungünstig ist es, friedlich demonstrierenden Bürgern, die ein ehrliches Anliegen vertreten, die Polizei als Gesprächspartner zu schicken, anstatt selbst vor die Tür zu treten und den Dialog zu suchen.
Zuletzt ist fraglich, ob die Interpretation einer Mitarbeiterumfrage über das angeblich gute Arbeitsklima unter den städtischen Mitarbeitern, wie es vom Bürgermeister beschrieben wurde, repräsentativ ist. Nicht nur jüngste Schlagzeilen über Kündigungen von Stadtmitarbeitern, sondern auch unser persönlicher Austausch mit städtischen Mitarbeitern – sei es privat oder im Zuge unseres Ehrenamts – zeigen ein anderes Bild.
Wir jedenfalls werden weiter selbst denken, versuchen, an einem Strang zu ziehen und nicht nur gedankenlos rudern. Wir wünschen uns, dass alle Verantwortlichen der Stadtverwaltung – sprich vor allem Bürgermeister und Hauptamtsleiterin – wieder in erster Linie zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Pfullingen handeln, was unserer Meinung nach mit einem guten und konstruktiven Arbeitsklima innerhalb der Stadtverwaltung und besonders des (Jugend-) Gemeinderats beginnt. Und wir freuen uns über jeden und jede, der auf dieselbe Weise auch in Zukunft dabei mitarbeitet, dass uns Pfullingen weiterhin eine lebenswerte Heimatstadt bleibt." (GEA)