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Uni Tübingen testet neue Waffe im Kampf gegen Blutkrebs

CAR-T-Zellen helfen dabei, dass körpereigene Abwehrzellen schädliche Eindringlinge vernichten können.

Bei Blutkrebs werden weiße Blutkörperchen gebildet, die durch ihre Masse die gesunden Blutkörperchen verdrängen. FOTO: MAX-PLANC
Bei Blutkrebs werden weiße Blutkörperchen gebildet, die durch ihre Masse die gesunden Blutkörperchen verdrängen. Foto: Max-Planck-Gesellschaft
Bei Blutkrebs werden weiße Blutkörperchen gebildet, die durch ihre Masse die gesunden Blutkörperchen verdrängen.
Foto: Max-Planck-Gesellschaft

TÜBINGEN. Die Uni Tübingen hat eine klinische Studie mit einer neuartigen Immuntherapie gegen aggressive Blutkrebserkrankungen gestartet. Zum ersten Mal kommen dabei weiterentwickelte CAR-T-Zellen zum Einsatz, die in Tübingen selbst hergestellt werden. Sie zielen gegen zwei Angriffspunkte auf den Tumorzellen. Die bispezifischen CAR-T-Zellen könnten vor allem Menschen helfen, bei denen eine herkömmliche Behandlung versagt hat. Auch Kinder ab zwölf Jahren können an der Studie teilnehmen.

»Diese neue Therapie könnte vielen Patientinnen und Patienten helfen, für die es bisher kaum noch Behandlungsoptionen gab«, sagt der Arzt Wolfgang Bethge. »Dass wir die Zellen direkt in Tübingen herstellen und anwenden können, spart wertvolle Zeit, denn besonders bei schwer erkrankten Menschen zählt jeder Tag«, ergänzt die Ärztliche Direktorin Claudia Lengerke.

Zielgerichtete Immunzellen

Die sogenannte CAR-T-Zelltherapie gehört zu den modernsten Ansätzen in der Krebsmedizin. Dabei werden körpereigene Abwehrzellen der Patienten gentechnisch so verändert, dass sie Krebszellen gezielt erkennen und vernichten können. In Tübingen werden diese Zellen direkt im Klinikum hergestellt – ohne aufwendige Transporte oder Zwischenlagerung und auch viel schneller als bei industriellen Herstellern.

Wichtiger Meilenstein

Die neue Studie geht noch einen Schritt weiter: Die Tübinger Forschenden haben in Zusammenarbeit mit dem Biotechnologie-Unternehmen Miltenyi Biotec eine bispezifische Variante entwickelt, die gleich zwei Merkmale auf der Oberfläche von Leukämie- und Lymphomzellen erkennt – genannt CD19 und CD22. Diese Erweiterung ist besonders vielversprechend für Menschen, bei denen die bisher zugelassenen Therapien nicht angeschlagen haben oder bei denen die Erkrankung nach einer ersten CAR-T-Zelltherapie zurückgekehrt ist.

Behandelt werden sowohl Erwachsene als auch Jugendliche ab zwölf Jahren. Die klinische Prüfung erfolgt in den Abteilungen für Innere Medizin II und der Kinderheilkunde I am neuen Zentrum für Stammzelltransplantation und Zelltherapie. Damit ist Tübingen eines der ersten Zentren in Europa, das eine akademisch entwickelte und selbst produzierte CAR-T-Zelltherapie in einer klinischen Studie erprobt – genehmigt von der europäischen Arzneimittelbehörde.

Das Zentrum für Stammzelltransplantation und Zelltherapie hat bereits die arztspezifische Herstellungserlaubnis für zwei weitere CAR-T-Zellprodukte, mit denen im Rahmen von Heilversuchen Patienten mit Leukämien und Lymphomen, aber auch solche mit Autoimmunerkrankungen behandelt werden können. Deutschlandweit kann das Zentrum Patienten das breiteste Sortiment selbst hergestellter CAR-T-Zellen anbieten. »Die Eröffnung dieser Phase I Studie ist ein wichtiger Meilenstein für unser Zentrum«, sagt Lengerke. »Das macht die gewachsenen Strukturen und die Expertise sichtbar, die im Feld der Zell- und Gentherapien aufgebaut haben.« (pm)