KREIS REUTLINGEN. Zur Delegiertentagung des Kreisbauernverbands Reutlingen im Gasthaus »Hirsch« in Dapfen begrüßte der Vorsitzende Gebhard Aier-stock gut vierzig Delegierte aus dem Landkreis. Neben agrarpolitischen Entwicklungen standen die Themen Energiewende und Tiergesundheit sowie regionale Herausforderungen im Fokus. Das teilt der Verband mit.
In seinem Jahresbericht ging Aierstock auf wesentliche Entwicklungen in der Agrarpolitik und der Verbandsarbeit ein. Er kritisierte die nach wie vor hohe Bürokratiebelastung im Zuge der GAP, die Unsicherheiten in der Bundesagrarpolitik sowie die landesspezifischen Anforderungen in Baden-Württemberg, die viele Betriebe vor zusätzliche Herausforderungen stellen. Gleichzeitig warf er einen kritischen Blick auf die zunehmend volatilen Agrarmärkte: Preisschwankungen, hohe Produktionskosten und zunehmende Importsensibilität setzten die Betriebe stark unter Druck. Der Verband werde sich weiterhin auf allen politischen Ebenen für faire Rahmenbedingungen und eine verlässliche Agrarpolitik einsetzen.
Der Schwerpunkt der Tagung lag auf einem Fachvortrag von Dr. Dominik Modrzejewski, der die Rolle der Photovoltaik in der Landwirtschaft beleuchtete. Er machte deutlich, dass Dach- und Agri-PV-Anlagen wichtige zusätzliche Einkommensquellen darstellen können und zur Energieunabhängigkeit der Betriebe beitragen. Zugleich warnte er vor einer unkontrollierten Ausweitung von PV-Anlagen im Außenbereich. Angesichts knapper landwirtschaftlicher Flächen sei eine sorgfältige planerische Abwägung unerlässlich, um die landwirtschaftliche Produktion nicht zu beeinträchtigen und rechtliche Konflikte zu vermeiden.
Ausbau von Stromspeichern
Weiteres zentrales Thema war die zunehmend angespannte Situation am Strommarkt. Die hohe Einspeisung von Solar- und Windenergie führt insbesondere in Zeiten geringer Nachfrage häufiger zu einem Überangebot an Strom. Um diesen Entwicklungen zu begegnen, regelt das Solarspitzengesetz vom Februar 2025, dass bei negativen Strompreisen keine Vergütung mehr für eingespeisten Solarstrom gezahlt wird. Aus Sicht des Kreisbauernverbands macht dies deutlich, dass der massive Ausbau netzdienlicher Stromspeicher zwingend erforderlich ist, um erneuerbare Energien sinnvoll nutzbar zu halten und die Landwirtschaft vor wirtschaftlichen Nachteilen zu schützen.
Einen umfassenden Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich Tierseuchen und Tierschutz im Landkreis gab Dr. Thomas Buckenmaier vom Kreisveterinäramt. Er wies auf die anhaltenden Herausforderungen durch Afrikanische Schweinepest, Blauzungenkrankheit und Vogelgrippe hin, die Betriebe und Behörden fordern. Zudem berichtete er über Beanstandungen bei amtlichen Kontrollen, speziell im Bereich Tiertransporte. Tierschutzrechtliche Anforderungen und Dokumentationspflichten seien hier von großer Bedeutung, um Sanktionen zu vermeiden.
Elke Weidinger vom Kreislandwirtschaftsamt berichtete über anstehende Veranstaltungen, aktuelle Änderungen bei Förderprogrammen, Vorgaben der Düngeverordnung und Aktivitäten zur »Gläsernen Produktion«. Ziel dieser Maßnahmen sei es, Verbraucher transparenter über Herkunft, Erzeugung und Qualität regionaler Lebensmittel zu informieren und so das Vertrauen in die Landwirtschaft zu stärken.
Schließlich wurde der Jahresabschluss 2024 von den Delegierten ebenso bestätigt wie die Anpassung des Mitgliedsbeitrags. Die Tagung machte deutlich: Landwirtschaft im Landkreis Reutlingen steht im Spannungsfeld von Energiewende, politischen Vorgaben, Tiergesundheit und wirtschaftlichen Herausforderungen. Der Kreisbauernverband will diesen Wandel aktiv begleiten und sich weiterhin stark für die Interessen der bäuerlichen Familienbetriebe einsetzen. (eg)

