REUTLINGEN. »Für die Sanierung der Infrastruktur und die Antriebswende brauchen wir neue, langfristige Finanzierungsinstrumente«, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann beim Verkehrspolitischen Forum Neckar-Alb in der IHK Reutlingen.
»Unsere Unternehmen wollen sich der Verkehrswende nicht verschließen, aber sie brauchen seitens der Politik finanzielle Sicherheiten und Rahmenbedingungen, die ihnen Spielräume lassen«, eröffnete IHK-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Epp das Verkehrspolitische Forum mit Verkehrsminister Winfried Hermann. Vor rund 40 Zuhörenden tauschte sich der Minister mit Unternehmern aus dem Verkehrsgewerbe über die Finanzierung der Verkehrswende aus.
Epp lobte den Einsatz und die Verdienste des Ministers für die Wirtschaftsregion Reutlingen, sparte aber auch nicht mit Kritik: Beim 58-Euro-Ticket würden die mittelständischen Busunternehmen auf die staatlichen pauschalen Ausgleichszahlungen warten. Elektrobusse seien nicht in der nötigen Stückzahl verfügbar und es fehle an der Ladeinfrastruktur, um im ÖPNV große Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu machen. Das Verlagern von Gütern von der Straße auf die Schiene funktioniere nicht von heute auf morgen.
Vieles aufgeschoben
In der Tat sei viel zu tun, machte Verkehrsminister Winfried Hermann mit Blick auf den Sanierungsstau und die daraus resultierenden hohen Kosten deutlich: »Seit den 70er-Jahren ist vieles aufgeschoben worden, und dann kommt es irgendwann dicke. Jetzt stehen wir vor großen Herausforderungen.«
Für die verkehrliche Entwicklung in den drei Landkreisen Reutlingen, Tübingen und Zollernalb sei die Regionalstadtbahn Neckar Alb von zentraler Bedeutung, machte Hermann deutlich: »Es gilt, mit vereinten Kräften das Projekt weiter voranzutreiben, denn die Förderbedingungen sind durch üppige Bundesförderung weiterhin vorteilhaft – aber andere Regionen warten nicht ab.«
Das Land wolle in den nächsten Jahren weiterhin in die Qualität des Öffentlichen Personennahverkehrs investieren, so Hermann. »Das ist wichtig, damit noch mehr Menschen das Angebot nutzen.« Das Deutschlandticket sei ein erfolgreiches Instrument, um mehr Menschen auf die Schiene und in den ÖPNV zu bekommen. »Dafür benötigen wir eine dauerhafte Finanzierung. Hier ist nun der Bund am Zug.« Weitere Maßnahmen setze das Land bereits um. Mit dem neuen Landesmobilitätsgesetz ermöglicht Baden-Württemberg Kommunen, den Mobilitätspass als eigene Finanzierungsquelle für den ÖPNV zu erschließen. Mit dem Mobilitätspass können Landkreise und Kommunen künftig – mit den Einnahmen aus einer Abgabe für Einwohner oder Kfz-Halter – das ÖPNV-Angebot erweitern. Als Gegenleistung erhalten die Abgabenpflichtigen ein Guthaben für ein ÖPNV-Ticket in gleicher Höhe, das beispielsweise auf den Kauf eines Deutschlandtickets angerechnet werden kann.
Landesmaut kommt vorerst nicht
In der anschließenden Diskussion schilderte Alexander Benz, Vorsitzender des IHK-Verkehrsausschusses, die aktuelle Lage der Spediteure. »Viele von uns kämpfen ums Überleben.« Die geplante Einführung einer Landesmaut für Lkw sieht er deshalb als falsches Signal: »Sie würde es uns noch schwerer machen. Wir befinden uns im europäischen Wettbewerb.« Verkehrsminister Hermann gab bekannt: »Um weiter im europäischen Wettbewerb bestehen zu können, brauchen wir eine intakte Straßeninfrastruktur. Ohne weitere finanzielle Mittel – zum Beispiel durch eine Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen, wie sie der Koalitionsvertrag enthält – werden wir diese Aufgabe nicht stemmen können. Aufgrund der notwendigen umfangreichen Vorbereitungen wird ein entsprechendes Gesetz in dieser Legislaturperiode aber nicht mehr in den Landtag eingebracht werden.« (GEA)