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Reutlinger Baugewerbe leidet unter deutscher Bürokratie

Kostensteigerung und schwächelnde Konjunktur machen der Branche auch in Reutlingen zu schaffen

Unternehmer und Handwerker leiden unter der überbordenden Bürokratie.  FOTO: ADOBE STOCK
Unternehmer und Handwerker leiden unter der überbordenden Bürokratie. Foto: Adobe Stock
Unternehmer und Handwerker leiden unter der überbordenden Bürokratie.
Foto: Adobe Stock

REUTLINGEN/METZINGEN. Mittlerweile ist bekannt, dass die Baukonjunktur schwächelt. Im Besonderen betrifft dies den Wohnungsneubau, so der Obermeister der Bau-Innung Reutlingen, Jörg-Heinz Müller (Reutlingen), bei der Mitgliederversammlung in Metzingen. Als Gründe für den Abwärtstrend nannte er gestiegene Bau- und Finanzierungskosten.

Dessen ungeachtet war die Stimmung bei der Versammlung deutlich besser als die Lage. Die Betriebe versuchen mit Flexibilität auf die rückläufige Wohnungsbaukonjunktur zu reagieren und suchen Geschäftsfelder abseits des Wohnungsneubaus. Hierzu gehören der Gewerbebau, der öffentliche Bau und die Gebäudesanierung. Die Betriebe sind zunehmend auch in der Infrastrukturerhaltung sowie im Gartenbau tätig und sie erwarten keine Verbesserung der Situation im Wohnungsneubau.

Der Geschäftsführer der Reutlinger Kreishandwerkerschaft, Ewald Heinzelmann, stellte fest, dass nicht mit einem spürbaren Rückgang der Baukosten zu rechnen sei. Trotz rückläufiger Bautätigkeit, so seine Prognose, würden die Hauptbaustoffe im Preis nicht günstiger werden. Im Gegenteil. Energieintensive Baustoffe, so Heinzelmann, werden durch die CO2-Besteuerung zusätzlich teurer. Im Besonderen gelte dies für Zement, Beton und Dachziegel. Eine spürbare Senkung der Baukosten ist nach Ansicht der Fachleute zudem nur dann möglich, wenn die Anforderungen in Gesetzen, Verordnungen und Normen reduziert werden.

Auch an der Lohnfront droht aus Unternehmersicht Ungemach: Aktuell finden Tarifverhandlungen im Baugewerbe statt. Problematisch sei dies insbesondere, weil im letzten Jahr aufgrund eines mehrjährigen Tarifvertrags keine Tarifverhandlungen stattgefunden haben und die Gewerkschaft jetzt eine einheitliche Erhöhung in allen Tarifstufen fordert.

Enttäuscht sind die Baubetriebe von der Politik, deren selbst gestecktes Ziel – ein jährlicher Neubau von 400.000 Wohnungen – nicht zu realisieren ist. Tatsächlich werden gerade einmal stark die Hälfte der projektierten Immobilien pro Jahr erstellt. Versprechungen beim Kanzlergipfel im vergangenen Herbst wurden bislang nicht erfüllt. Die Bauwirtschaft wird deshalb am 1. März 2024 in Stuttgart einen Aktionstag unter dem Motto »Lasst uns wieder Wohnungen bauen – mehr Förderung für den Wohnungsbau« veranstalten.

Darüber hinaus fordert die Bauwirtschaft den Abbau unnötiger Bürokratie. Als ein Beispiel nennt die Bau-Innung die neue Ersatzbaustoffverordnung, die seit Mitte 2023 gilt und unter anderem die Behandlung von Bauaushub regelt. Was mit so viel Mehraufwand verbunden ist, dass viele Fachbetriebe kapitulieren und dieses Geschäftsfeld aufgeben. Mit der neuen Verordnung sind Grenzwerte geschaffen worden, die teilweise unter der natürlichen Grenze liegen, sodass Firmen beispielsweise Bauaushub nicht anderweitig verwenden dürfen, sondern deponieren müssen, mit entsprechend hohen Folgekosten.

Trotz der teilweise schwierigen Situation macht die Bauwirtschaft keine Abstriche in der Nachwuchswerbung und -findung. Die Baubetriebe sind weiterhin mittel- und langfristig sehr zuversichtlich, weil Nachwuchskräfte dringend für Neubau-, Sanierungs- und Infrastrukturmaßnahmen benötigen werden. Die Bau-Innung Reutlingen wird sich deshalb auch umfangreich bei der diesjährigen Messe »Handwerk Energie Zukunft« am 27./28. April auf dem Festgelände Bösmannsäcker präsentieren. (eg/GEA)