WALDDORFHÄSLACH. Wieder Wirbel um Deutschlands fleißigste Blitzer. Das Messverfahren der beiden schwarzen Säulen neben der B 27 bei Walddorfhäslach galt lange als absolut zuverlässig. Bis jetzt. Am 5. Juli hat der Verfassungsgerichtshof im Saarland entschieden, dass Bußgeldbescheide auf der Grundlage der Messungen mit dem Traffistar S350, rechtswidrig sind. Und zwar weil er die Messdaten nicht speichert und deshalb einem Betroffenen nicht ermöglicht nachzuprüfen, ob die Messung richtig war. Das Bild ist nämlich nicht der Beweis, sondern nur das Ergebnis der Messung. Damit sei das Recht jedes Einzelnen auf ein faires Verfahren verletzt worden, urteilten die Richter.
Kurios: Nur wenige Tage vor der Entscheidung im Saarland urteilte das Oberlandesgericht in Stuttgart, dass die Messtechnik der beiden Blitzersäulen bei Walddorfhäslach nicht zu beanstanden sei. Gleichzeitig verwarfen die Richter eine Rechtsbeschwerde in Sachen Tempoverstoß gegen ein Urteil des Amtsgerichts Reutlingen. Dessen Juristen zeigten sich nach der Entscheidung aus Stuttgart erleichtert. Doch die Erleichterung könnte sich schon bald legen. Denn nach der großen Blitzerwelle im August vergangenen Jahres, stehen demnächst die Verfahren all derjenigen an, die damals Einspruch eingelegt haben. Und die könnten nun alle mit dem Urteil aus dem Saarland argumentieren.
Rechtsanwalt Daniel Fischer, der sich seit zwei Jahren um Fälle des Internetportals geblitzt.de kümmert, geht davon aus, dass nach der Entscheidung im Saarland sämtliche Bußgeldbescheide des Traffistar S350 mit dieser Argumentation angefochten werden können. Das heißt: Auch wenn man wirklich zu schnell war, wenn auf dem Foto kein zweites Fahrzeug zu erkennen ist, der Blitzer richtig geeicht ist und keine Schäden aufweist, hat man als Betroffener die Chance, eine Strafe abzuwenden oder abzumildern.
Das Urteil ist für Gerichte in Baden-Württemberg zwar nicht bindend, trotzdem ist sich Fischer sicher, dass sich auch das Amtsgericht in Reutlingen damit auseinandersetzen muss. Ähnlich sieht das auch Matthias Merz, der als Richter und Pressesprecher am Oberlandesgericht in Stuttgart arbeitet. »Alle Beteiligten werden diese Bedenken jetzt prüfen müssen«, sagt er. Auch die Bußgeldstelle, vor allem aber die Richter, die so einen Fall auf den Tisch bekommen. »Wie die damit umgehen, muss erstmal jeder Einzelne für sich beantworten« sagt Merz, stellt aber klar: »Irgendwann sollte es schon klar sein, damit sich der Bürger darauf einstellen kann.« Ausgeschlossen sei auch nicht, dass sich irgendwann das Bundesverfassungsgericht der Sache annehmen muss, so Fischer. Schließlich könne es ja nicht sein, dass es vom Bundesland abhängig ist, ob man für ein Vergehen bezahlen muss oder nicht. (GEA)