TÜBINGEN. Erst am Mittwochabend hatte sich Boris Palmer noch bei Markus Lanz über den »Parkplatz-Irrsinn« in Tübingen aufgeregt, zwei Tage später hat sich das Problem schon erledigt. Für den Oberbürgermeister ist das ganz klar die Folge seines Auftritts in der ZDF-Talkshow. Aber der Reihe nach.
In der Talkshow hatte er erzählt, wie er mit vier Beamten im Finanzamt über eine mögliche Umsatzsteuerpflicht für Parkplätze diskutieren musste. Straßen seien klar steuerfrei, so die Logik der Verwaltung. Doch Parkplätze könnten als private Aufgabe gelten – und damit steuerpflichtig sein. Die vermeintlich einfache Lösung: Parallel zur Straße ausgerichtete Parkplätze zählen als steuerfrei, senkrechte als steuerpflichtig. Was aber mit schrägen Parkplätzen passieren solle, darauf habe niemand eine Antwort gehabt.
»Bürokratiearme« Lösung in Tübingen gesucht
Spöttisch malte Palmer die Folgen aus: 40.000 Parkplätze müsse er in Tübingen einzeln prüfen lassen. Zudem müssten Parkscheinautomaten künftig »sprachfähig« sein, damit Bürger angeben könnten, ob sie waagerecht oder senkrecht parken. Am Ende, so Palmer, blieben die Einnahmen für den Staat gleich – aber die Stadt könne »vier oder fünf Leute damit beschäftigen, ständig Parkplätze zu verbuchen«. Jetzt scheint der öffentliche Auftritt Wirkung gezeigt zu haben. »Na bitte, geht doch«, kommentierte Palmer erleichtert.
Wie Palmer am Freitag auf Facebook mitteilte, sei in der städtischen Steuerabteilung die Nachricht eingegangen, dass das Finanzamt den entsprechenden Steuerbescheid zurückgenommen habe. Zudem werde nun nach einer »bürokratiearmen Lösung« gesucht. Entscheidend: Das Kriterium, über das sich Palmer am meisten aufregte, solle keine Rolle mehr spielen. Nämlich, ob ein Parkplatz parallel oder senkrecht zur Straße angeordnet ist.
Es sei nicht das erste Mal, dass ein Auftritt bei Markus Lanz konkrete Folgen gehabt habe. Im April 2024 erzählte Palmer in der ZDF-Talkshow von einem seltenen und streng geschützten Vogel, der dank Bürokratie einen Erweiterungsbau der Uniklinik verhindert - und den Oberbürgermeister dadurch in den »Wahnsinn« getrieben habe. Kurz nach der Ausstrahlung sicherte Ministerpräsident Winfried Kretschmann seine Unterstützung zu, ein halbes Jahr später war der Weg für den Anbau frei. »Alle anderen Versuche, den toten Ziegenmelker als Genehmigungshindernis aus dem Weg zu schaffen, hatten zuvor keinen Erfolg«, so der Oberbürgermeister auf Facebook.
Boris Palmer: Auftritte in Talkshow nützlich für Tübingen
Palmer zieht daraus eine bittere Diagnose: »Wenn man in der Sendung von Markus Lanz etwas aus dem Bürokratiealltag erzählt, das kein Mensch mehr versteht, dann bewirkt das tatsächlich eine Veränderung, die man als Oberbürgermeister weder durch Protestbriefe an die Regierung, Berichte in der Lokalzeitung oder Gespräche mit den direkt Zuständigen erreichen kann. Eine Diagnose, die nicht unbedingt erfreulich ist, aber einen weiteren Beleg in der Posse um Parkplätze gefunden hat.« Palmer sei daher dankbar, dass er seit 2015 bereits 25 Mal bei Lanz eingeladen gewesen sei. Denn: »Tübingen hat davon einen konkreten Nutzen.« (GEA)

