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Von Klopapier bis Kinderbild: Netzgemeinde bekämpft Corona-Koller mit Challenges

Sie greifen um sich, fast wie ein Virus: Wer bei einer Challenge auf Sozialen Netzwerken nominiert ist, muss ein Video oder ein Bild zu einem bestimmten Thema posten. Doch was steckt hinter den Spaß-Wettbewerben?

Grafik: Bäuerle
Grafik: Bäuerle

REUTLINGEN. Wer plötzlich ungewohnt viel Freizeit hat, in dieser freien Zeit aber nicht mehr viel machen kann, weil fast alles, was Spaß macht, verboten ist - der wird kreativ. Je länger die Corona-Krise andauert, desto mehr Challenges auf Sozialen Netzwerken zeigen, was junge Menschen dieser Tage beschäftigt. Es ist im Internet zunächst nicht anders, als  im echten Leben: Klopapier spielt in Krisenzeiten eine besonders wichtige Rolle. Fußballer Jérôme Boateng war vor drei Wochen einer der ersten Kicker, der ein Video von seinen Jonglier-Künsten ins Netz stellte. 

Er »infizierte« mit seiner Aktion die lokalen Kicker, die wenige Tage später auch im GEA-Verbreitungsgebiet reihenweise an der Klopapier-Challenge teilnahmen. Das Prinzip ist einfach: Ein Fußballer zeigt seine Künste mit dem Klopapier, postet das Video auf Instagram oder Facebook und nominiert weitere Vereine, dasselbe zu tun. Tun sie's nicht, müssen sie einen Kasten Bier oder ähnliches ausgeben. 

Es sind aber lange nicht nur die Fußballer, die ihrem Hobby in der Corona-Krise nicht mehr nachkommen können - auch andere Vereine sind vom Corona-Koller betroffen. Da Musiker aber vermutlich nicht annährend so gut jonglieren können wie Fußballer, haben sie sich eine eigene Variante der #stayathomechallenge ausgedacht. Das Grundprinzip ist gleich: Ein Verein dreht ein Video, postet es und nominiert weitere Vereine. Hier wird das Klopapier nun aber mit der Querflöte aufgespießt, weitergeworfen, und vom nächsten Musiker dann mit der Tuba aufgefangen. 

Nochmal schweißtreibender ist die Variante der Narrenzünfte: Bei Frühlingswetter haben sich auch einige Narren in ihr Häs geschmissen, um an der Challenge teilzunehmen. Verbunden ist mit der lustigen Aktion immer auch ein ernster Aufruf: Bleibt daheim, damit die Verbreitung des Virus eingedämmt wird und das normale Leben möglichst schnell wieder beginnen kann. Und damit auch das Vereinsleben. 

»Helferherzen« heißt eine weitere Challenge, die derweil in den Sozialen Netzwerken auftaucht: Angehörige von Berufsgruppen, die anderen Menschen helfen, posten ein Bild von sich in der Uniform oder Arbeitskleidung - und nominieren weitere Menschen, das auch zu tun. »Bei all der Negativität, die rum geht, machen wir etwas Positives«, heißt es in dem Text, den alle Teilnehmer in ihr Posting kopieren. Während der Wetteinsatz bei den Klopapier-Fußballern mit einem Kasten Bier in mehrerlei Hinsicht messbar ist, findet sich bei den »Helferherzen« so ein Einsatz nicht. Es heißt lediglich: »Wenn ich dich markiert habe, enttäusch mich nicht.« Bei allem Spaß zeigt auch diese Challenge, was die Menschen - neben Klopapier und Bier - in diesen Tagen bewegt: Wer verunsichert ist und um seine Gesundheit bangt, der lernt all diese Helfer-Berufe plötzlich wieder zu schätzen.  

Auf Instagram griff vor fast drei Wochen eine weitere Nominierungswelle um sich: Sämtliche Nutzer posteten plötzlich lustige Kinderbilder von sich - und nominierten weitere Nutzer, dies auch zu tun. Nach einer tiefergehenden Botschaft sucht man hier vergeblich - es ging wohl vor allem um die Bekämpfung von Langeweile. Wer nicht vom Fach ist, der fragt sich auch bei der folgenden Challenge zunächst, was der Sinn ist: #feuerwehrbildsonstschläucherollen heißt sie, Feuerwehrmänner und -Frauen haben sie ins Leben gerufen. Wer nominiert ist, muss ein Bild von sich in Feuerwehr-Montur posten. Aber was ist der Einsatz - und was hat's mit dem Schläucherollen auf sich? Die Nachfrage bei einer Feuerwehrfrau aus Metzingen bringt schließlich Licht ins Dunkel: Schläuche rollen sei eine Arbeit, die keiner gerne macht, erklärt sie - und saumäßig anstrengend sei das auch. 

Da es wohl noch einige Wochen dauert, bis in Deutschland wieder Normalität eingekehrt ist, darf man gespannt sein, welche Challenges bis dahin noch in den Sozialen Netzwerken auftauchen. Mal was mit Mehl? Oder Desinfektionsmittel? Das dürfte - zumindest wenn man den leeren Regalen glaubt - mittlerweile ja jeder Haushalt in ausreichenden Mengen besitzen. (GEA)