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Ukraine-Hilfe mit russischen Milliarden: Ist der Geist erst aus der Flasche...

Warum das Gerechtigkeitsempfinden von GEA-Redakteur Ulrich Häring nach der Enteignung Russlands verlangt, die Vernunft jedoch zur Umsicht rät.

Der britische Premierminister Keir Starmer (rechts) empfängt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Downing Str
Der britische Premierminister Keir Starmer (rechts) empfängt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Downing Street 10 zu bilateralen Gesprächen und einem späteren Treffen der sogenannten »Koalition der Willigen«. Foto: Kirsty Wigglesworth/pool ap
Der britische Premierminister Keir Starmer (rechts) empfängt den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in der Downing Street 10 zu bilateralen Gesprächen und einem späteren Treffen der sogenannten »Koalition der Willigen«.
Foto: Kirsty Wigglesworth/pool ap

REUTLINGEN. Bundeskanzler Friedrich Merz und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen würden der angegriffenen Ukraine gerne einen Kredit über 140 Milliarden Euro geben, finanziert aus dem eingefrorenen russischen Zentralbankgeld. Doch so sehr das Gerechtigkeitsempfinden diesen Schritt auch befürworten mag, könnte damit ein bedenklicher Präzedenzfall geschaffen werden.

Russland zur Kasse zu bitten, erscheint recht und billig

Nach all dem Leid, den Tausenden Toten auf beiden Seiten und der massiven Zerstörung, die Putin mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verantworten hat, scheint es nur recht und billig zu sein, mit dem eingefrorenen russischen Vermögen wenigstens einen kleinen Teil der Not zu lindern. Juristisch ist eine solche Enteignung jedoch nicht ganz einfach. Um gesetzliche Hürden zu umschiffen, soll das Milliardenvermögen nur als Kredit vergeben werden, welcher zurückgezahlt werden soll, wenn Russland bereit ist, nach dem Krieg Reparationen an die Ukraine zu leisten. Doch das wird nicht geschehen. Am Ende liefe es dann eben doch auf eine Enteignung Russlands hinaus. Es wäre ein beispielloser Vorgang.

Finanzsystem basiert auf Vertrauen

Das globale Finanzsystem basiert nicht zuletzt auch auf dem Vertrauen, dass das den Banken anvertraute Vermögen dort sicher verwahrt wird. Eine politisch motivierte Enteignung von fremdem Staatseigentum könnte dieses Vertrauen fundamental erschüttern. Wenn die EU als internationale Verfechterin rechtsstaatlicher Prinzipien diese Büchse der Pandora öffnet, könnte das Beispiel Schule machen. Die Sorge vor staatlichen Eingriffen würde die Investitionsbereitschaft ausländischer Unternehmen in die EU deutlich hemmen. Und gerade die stark international aufgestellte deutsche Wirtschaft müsste künftig um ihr milliardenschweres Anlagevermögen in Ländern fürchten, mit denen es zu diplomatischen Spannungen kommt. Ist der Geist erst aus der Flasche, ist es schwer, ihn wieder hineinzubekommen.

ulrich.haering@gea.de