REUTLINGEN. Die Aussicht auf den Erdrutschsieg von Herausforderer Joe Biden bei den US-Präsidentschaftswahlen hat sich nicht erfüllt. Vielmehr sieht alles nach einem Kampf um jede Stimme aus, um Amtsinhaber Donald Trump zu besiegen. Der wiederum erklärte sich noch vor Ende der Auszählung kurzerhand zum Wahlsieger und kündigte gleichzeitig an, die weitere Auszählung der Stimmen gerichtlich stoppen lassen zu wollen. Das sind alles Momentaufnahmen bei dieser Wahl. Auch die Menschen in Reutlingen machen sich ganz offensichtlich ihre Gedanken zur Wahl und viele gaben bei einer GEA-Straßenumfrage zu, dass sie den Verlauf der Wahl und die Stimmauszählung in den jeweiligen Bundesstaaten mehr oder weniger aufmerksam in den Medien verfolgen.
Auch zeigten sich viele überrascht darüber, dass Amtsinhaber Trump doch besser abzuschneiden scheint, als die Umfragen zuvor prognostiziert hatten. Viele äußerten ihre Befürchtung, dass er möglicherweise doch im Amt bleiben könnte.
So ähnlich sieht es auch Almut Warneke, die mit dem Fahrrad in die Reutlinger Innenstadt gekommen ist. Sie schimpfte über den US-Präsidenten: »Ich finde es unmöglich, wie der sich verhält, das ist überhaupt nicht demokratisch«, sagt sie mit Blick auf dessen Auftritt, bei dem er sich zum Wahlsieger erklärt hatte. »Das alles bewegt mich und ich bin sehr dafür, dass Joe Biden die Wahl gewinnen möge.« Eine Supermacht, wie die USA könne es sich nicht leisten, einen solchen Menschen wie Trump zum Präsidenten zu haben.
Gerd Gawlowski regt sich ebenfalls über Donald Trump auf: »Dass er sich noch vor Ende der Stimmauszählung zum Sieger erklärt, ist ungewöhnlich und hat es in den USA noch nie gegeben. Aber Trump verzapft ja ohnehin eine Menge Humbug.« Mit der Wahrheit habe das nichts zu tun, aber so würden alle ja Trump mittlerweile kennen.
Auch Till Breitkreuz verfolgt die US-Wahl in den Medien. Er gab bei der Straßenumfrage in der Reutlinger Innenstadt aber an, dass ihn der Ausgang nur mäßig berühre. Er habe weder Biden noch Trump als persönlichen Favoriten. Er mache sich für den Wahlausgang auch keine großen Hoffnungen. Gleichzeitig fügt er an: »Ich bin aber schon eher für Joe Biden.«
Ernst Klimek wartet vor einer Bäckerei und nimmt sich kurz Zeit, um an der Straßenumfrage des GEA teilzunehmen. Auch er verfolge die Wahl und die Stimmauszählung mit Interesse. Für Donald Trump findet er deutliche Worte: »Ich kann nicht verstehen, wie ein solcher Soziopath die Demokratie ins Wanken bringen kann.« Das komplizierte und für ihn seltsame Wahlsystem in den USA würde das aber eher begünstigen. Er hofft noch auf einen Wahlsieg für Joe Biden.
»Niemand weiß, wie es mit der Welt weitergeht, wenn Donald Trump noch einmal die Wahl gewinnt«, sagt Claudia Failenschmied, die zugibt, dass sie die US-Wahl sehr beschäftigt. Sie befürchtet, dass es Trump noch einmal machen könnte, obwohl sein Umgang mit der Corona-Pandemie katastrophal sei. »Für mich ist der Mann kein Präsident. Ich hoffe nur, dass das alles keine Auswirkungen auf mich hat«, erklärt sie.
Fatma Sevda zieht den Vergleich zu anderen Staatsoberhäuptern und nennt den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan oder den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban. Trump sei genauso ein »komischer Herrscher«. Er sei kein Vorbild für niemanden. Für Deutschland sei die US-Wahl auch wegen der engen Verbindungen so wichtig: »Wir treiben ja nicht nur Handel mit Amerika. Donald Trump regiert direkt in unsere Belange hinein, indem er die US-Soldaten aus Deutschland abziehen und verlegen will.«
Philipp Anton und Denis Petitjean machen deutlich, warum die Wahl in den USA auch so wichtig für Deutschland und Europa ist und warum sie deshalb auch so viele Menschen hierzulande berührt: »Die USA sind eine Weltmacht und haben großen Einfluss auf die Weltwirtschaft und auf die Nato. Amerika habe Einfluss auf alle Märkte und deshalb betrifft uns das alle.« Deshalb müsse Joe Biden gewinnen, denn er sei kompromissbereiter und zettele keine Handelskriege an.
»Die US-Wahl bewegt und betrifft uns, weil wir alle in einer globalisierten Welt leben«, erklärt Tobias Zimmermann. Er verfolge die ganze Zeit den Nachrichtensender CNN und frage sich, warum die Amerikaner, nach allem was passiert sei, so wählen. Die Auszählung der Briefwahlstimmen müsse sein und die Wahl müsse korrekt zu Ende gebracht werden. Sich selbst vor Ende der Wahl zum Sieger zu erklären, sei von Trump zutiefst undemokratisch und zeige nur, was für ein Egozentriker er doch sei. (GEA)