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80. Geburtstag: Reutlingens Ex-OB Schultes blickt zurück

Stefan Schultes stand nur eine Amtszeit an der Reutlinger Stadtspitze. Doch er hat einiges erreicht. Daran erinnern zu seinem 80. Geburtstag der heutige OB Thomas Keck und Feuerwehrkommandant Stefan Hermann.

Der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck (links) und Feuerwehrkommandant Stefan Hermann (rechts) gratulieren OB a. D. Dr. St
Der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck (links) und Feuerwehrkommandant Stefan Hermann (rechts) gratulieren dem früheren Reutlinger Oberbürgermeister Dr. Stefan Schultes in Stuttgart zum 80. Geburtstag. Foto: Privat
Der Reutlinger Oberbürgermeister Thomas Keck (links) und Feuerwehrkommandant Stefan Hermann (rechts) gratulieren dem früheren Reutlinger Oberbürgermeister Dr. Stefan Schultes in Stuttgart zum 80. Geburtstag.
Foto: Privat

REUTLINGEN. »Ich bin mit mir im Reinen«, sagt Dr. Stefan Schultes. Wenn er in Reutlingen ist, und das ist dank seines »En ville«-Stammtischs regelmäßig der Fall, auch wenn er seit 15 Jahren in Stuttgart lebt, »dann nicht mit schlechtem Gewissen«. Der Jurist ist einer von fünf Oberbürgermeistern, die Reutlingen seit Ende des Zweiten Weltkriegs regiert haben. Von der zeitlichen Abfolge her die Nummer drei, von der Kürze der Amtszeit her Nummer eins: Oskar Kalbfell (1945-1973) und Manfred Oechsle (1973-1995) hatten es auf je drei Amtsperioden gebracht. Schultes' Nachfolgerin Barbara Bosch (2003-2019) trat nach zwei Amtsperioden nicht mehr an. Nur für ihn war nach acht Jahren Schluss. Obwohl er gern weitergemacht hätte. Doch das Volk hat anders entschieden.

Schultes wollte »Bürgermeister in der politischen Administration sein«. Das sei ihm gelungen, auch wenn es Vorbehalte gegen ihn gab. Vielen Reutlingern ist er als Persönlichkeit »mit Ecken und Kanten« in Erinnerung. Manche gestehen, erst mit Abstand seine Verdienste zu erkennen.

Mit 50 Jahren kam er nach Reutlingen

Am 12. Dezember 1944 in Thalau bei Fulda (Hessen) geboren und im oberschwäbischen Biberach aufgewachsen, hatte Stefan Schultes unter anderem in Tübingen Rechtswissenschaften studiert und 1983 promoviert. Nach einigen Jahren im höheren Verwaltungsdienst des Landes, zuletzt als Oberregierungsrat im Ministerium für Wissenschaft und Kunst, war er von 1981 bis 1995 zunächst OB in der damals 25.000-Einwohner-Stadt Ellwangen im Ostalbkreis. Mit 50 Jahren hat ihn dann sein JU- und Studienfreund Hermann Schaufler, damals Landes-Verkehrsminister, nach Reutlingen geholt.

Turbulenzen hatte es schon vor dem Amtsantritt des dreifachen Familienvaters in der ehemaligen freien Reichsstadt an der Echaz gegeben. Aus formalen Gründen sollte die Wahl des von einem bürgerlichen Bündnis favorisierten Kandidaten angefochten werden - weil ausländische Bürger entgegen geltendem EU-Recht nicht mitwählen durften. So trat er die neue Stelle nach einigem Hin und Her zunächst nur als Amtsverweser an.

Was Schultes in acht Jahren geschafft hat

Dafür war er von Beginn an häufig umrahmt von christsozialen Parteigrößen anzutreffen. Die politische Durchsetzung und Planung des Scheibengipfeltunnels, den Stadionausbau, die sogenannte »Reutlinger Rochade«, bei der die Feuerwehr ins Domizil der Technischen Betriebsdienste zog und die in eine ehemalige Fabrik im Laisen, die Umwandlung der Kasernen in Wohnraum und eines Militärgeländes am Listhof in ein 150 Hektar großes Naturschutzgebiet, der Technologiepark Reutlingen-Tübingen und der Neujahrsempfang - all das hat Schultes für die Stadt erreicht.

Auch dass die Stadtwerke zu Fair-Energie wurden, nach einem Teilverkauf an ENBW, was wiederum den Grundstock für das geplante Kultur- und Kongresszentrum (KKR) einbrachte, darf sich der ehemalige CDU-OB auf die Fahnen schreiben. Apropos: Mit der Reaktivierung des Fahnenflaigens hat er auch Vorarbeit für den modernen Schwörtag geleistet. Und zusammen mit anderen die Württembergische Philharmonie Reutlingen (WPR) vom Verein in eine Stiftung verwandelt.

Lob bis von ganz oben

Was hat ihn den Traumjob gekostet? Kurz gesagt, vier Buchstaben und eine Zahl: SSV und K2. Nach dem teuren Ausbau der Kreuzeichetribüne, um die Fußballer auch architektonisch bundesligafit zu machen, hatte das Volk im Oktober 2002 den Bau des von Schultes propagierten Kultur- und Kongresszentrums per Bürgerentscheid gekippt. Den in seiner Amtszeit von gut 107.000 auf 109.500 angewachsenen Bürgern waren die Millionenausgaben wohl zu viel. Schultes' Pläne, Reutlingen nicht nur im Kreisrat, sondern auch im Landtag zu repräsentieren, ließen zudem das Gefühl aufkommen, der OB-Posten sei ihm nicht mehr genug.

Auch wenn Schultes gerade nach Rückschlägen Größe zeigte, aus Fehlern lernen und weitermachen wollte, stimmten am 23. Februar 2003 im zweiten Wahlgang 59,3 Prozent der Wähler für seine parteilose Herausforderin. Am 1. April wurde er mit »großem Bahnhof« verabschiedet, wobei ihm Regierungspräsident Hubert Wicker zukunftsweisende Visionen beschied. Er blieb mit seiner Frau Angelica und dem Jüngsten der drei Kinder zunächst im Panoramaweg wohnen, sang im Reutlinger Liederkranz und arbeitete wieder als Anwalt.

Wie geht es dem Jubilar heute?

Gesundheitlich geht es ihm gut. »Ich kann noch viel tun und werde offensichtlich auch noch intensiv gebraucht« - nicht nur von mittlerweile drei Enkeln. Als Teilhaber einer Tübinger Kanzlei ist Stefan Schultes weiterhin beruflich aktiv. Das halte ihn »fit im Kopf«. Allerdings suche er sich die Arbeit heute aus, vertrete vorrangig Kollegen in mündlichen Verhandlungen. »Das Mundwerk war schon immer mein wichtigstes Werkzeug«, sagt er. Auch in Stuttgart war er ehrenamtlich aktiv, als Sänger und von 2015 bis 2022 auch als Präsident des Stuttgarter Liederkranzes.

Schultes' Bilanz: »Bei allen Fehlern, in der Summe hab' ich Reutlingen breit gefächert in kommunalpolitischen Themen vorangebracht.« Schwäbisch-salomonisch schließt er, »jetzt isch's wie's isch« - und freut sich, dass am 12. Dezember, zu seinem 80. Geburtstag auch Besuch aus der ehemaligen Wahlheimat in die Weißenhofsiedlung kam: sein Amts-Nachnachfolger Thomas Keck, den er noch als Stadtrat kannte, und der Kommandant Stefan Hermann von der Reutlinger Feuerwehr, deren Ehrenmitglied er ist. (GEA)