KREIS REUTLINGEN. Ob Hochwasser, Erdbeben oder Waldbrand – im Ernstfall zählt jede Minute. Deshalb muss die Bevölkerung über Katastrophen schnell informiert werden. Beim zweiten bundesweiten Warntag hat das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) heute um 11 Uhr getestet, wie gut das klappt. Und das auf sämtlichen Kommunikationskanälen: Funk, Fernsehen, Internet, Sirenen, Werbetafeln und sogar Lautsprecherwagen. Vieles davon hat beim ersten Warntag vor zwei Jahren nicht funktioniert. Auch in Reutlingen und der Region Neckar-Alb wurden zahlreiche Bürger nicht benachrichtigt. Lief es dieses Mal besser?
Reutlingens Feuerwehrkommandant Michael Reitter beantwortet das mit einem klaren »Ja«. Bei ihm und im Kollegenkreis haben Nina-App, Katwarn und Cellbroadcast auf dem Mobiltelefon pünktlich ausgelöst. »Wir mussten nicht warten, wie vor zwei Jahren.« Das deckt sich in Teilen mit den Erfahrungen, die Leser dem GEA schildern. Die meisten berichten, dass Warn-Apps und Sirenen auf dem Smartphone funktioniert haben, in einigen Fällen sogar bereits eine Minute früher als geplant, um 10.59 Uhr. Bei manchen Menschen tat sich aber rein gar nichts. Eine Entwarnung war eigentlich für 11.45 Uhr vorgesehen. Die scheint außer Reitter aber nur wenige erreicht zu haben.
15 Sirenen in Münsingen
Besonders laut ist es am Donnerstag in Münsingen gewesen. Und das lag nicht alleine am Alarmsignal der Smartphones. In der Stadt schrillten über alle Teilorte verteilt insgesamt 15 Sirenen, sagt Christoph Belz, Kommandant der örtlichen Feuerwehr. Das sogenannte »Signal zur Warnung der Bevölkerung«, ein einminütiger auf- und abschwellender Heulton, wurde von der Leitstelle in Reutlingen ausgelöst und sei nahezu überall in Münsingen zu hören gewesen. »Man kann zwar nicht jeden Zipfel abdecken, aber es hat soweit gut funktioniert«, so Belz.
Anwohner nahe des Münsinger Feuerwehrhauses, werden auch folgende Nachricht gehört haben: »Achtung, Achtung, hier spricht Ihre Feuerwehr. Das ist ein Probealarm.« Oder den Hinweis, dass es sich um eine Gefahrenlage handelt und man auf Radio- und örtliche Durchsagen achten soll. »Wir können mit den Sirenen Sprachnachrichten des BBK, selbst aufgenommene oder Live-Durchsagen machen«, sagt der Feuerwehrkommandant. Heute habe man sich nochmal mit einigen Funktionen vertraut machen können.
Den meisten anderen Bewohnern des Landkreises erging es am Donnerstag so wie dem Deutschen Gehörlosen-Bund, der beim Warntag 2020 twitterte: »Wir haben nichts gehört«. Bezogen auf die Region liegt das daran, dass stationäre Sirenen vielerorts fehlen. In Eningen gibt es zwar noch eine auf dem Rathausdach – die funktioniert aber nicht. Eine Instandsetzung sei nicht geplant, wie Kim Wagner von der Stadtverwaltung mitteilt. Auch in Lichtenstein gibt es bereits seit Jahren keine Sirenen mehr. Laut Feuerwehrkommandant Andreas Daum steht aber die Überlegung im Raum, für die Zukunft mobile Sirenen anzuschaffen.
Pfullingen plant eigenen Warntag
Die Feuerwehr Pfullingen hat das bereits getan. Für 18 000 Euro wurden drei mobile Sirenen angeschafft, die auf Fahrzeugen montiert werden können. Die Geräte seien bereits vor Längerem bestellt worden, allerdings wegen Lieferschwierigkeiten erst jetzt angekommen, so Feuerwehrkommandant Dietmar Rall. Sie kamen beim Warntag deshalb noch nicht zum Einsatz. Die Feuerwehr plant in Kooperation mit dem DRK und der Bergwacht einen zusätzlichen Warntag im Januar.
Auch in Reutlingen gibt es derzeit keine stationären Sirenen. Das soll sich jedoch ändern. »Wir haben über das Sirenenförderungsprogramm des Bundes fünf Stück bestellt und bewilligt bekommen«, sagt Miran Gorisek, Sachgebietsleiter für kommunales Krisenmanagement der Reutlinger Feuerwehr. Laut Reitter testet die Reutlinger Feuerwehr regelmäßig ihre mobilen Sirenen. »Beim nächsten Warntag kann man in Reutlingen vielleicht schon die stationären auslösen.« (GEA)