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Volksverhetzung? Erneut Strafanzeige gegen Reutlinger AfD-Stadtrat

Es ist schon die zweite Strafanzeige, die gegen den Reutlinger AfD-Politiker Hansjörg Schrade gestellt wurde. Erneut geht es um ein weitergeleitetes Posting im Messengerdienst Telegram.

Hansjörg Schrade. Foto: Zenke
Hansjörg Schrade. Foto: Stephan Zenke
Hansjörg Schrade.
Foto: Stephan Zenke

REUTLINGEN. Erneut hat ein Bürger Strafanzeige gegen den Reutlinger AfD-Stadt- und Kreisrat Hansjörg Schrade gestellt. Der Vorwurf: Volksverhetzung. Es ist nicht die erste Anzeige dieser Art gegen den AfD-Politiker. Bereits im Februar war er von einem Reutlinger Bürger wegen Volksverhetzung angezeigt worden. 

Schrade hatte am Samstag in seinem Telegram-Kanal eine Nachricht des bekannten Impfkritikers Dr. Paul Brandenburg geteilt. Die Nachricht ist bebildert mit einer Collage aus Adolf Hitler, Erich Honnecker und Angela Merkel. Im Text ist unter anderem zu lesen: »Die deutschen Regierungschefs mit den meisten Todesopfern waren stets bis zum letzten Moment ihres Lebens überzeugt, mit ihren Taten im Recht gewesen zu sein.«

Dann geht es darum, dass in Deutschland nun »offiziell als Staatsfeind« gelte, wer »Institutionen von Legislative, Exekutive und Judikative nach Meinung des Innenministeriums verächtlich macht«. Brandenburg zieht daraus den Schluss: Politiker könnten nun nach ihrem Gusto entscheiden, wer »als Staatsfeind bekämpft wird«.

Schrade hat diese Nachricht unkommentiert in dem von ihm betriebenen Kanal geteilt. Nach Auffassung des Bürgers, der ihn angezeigt hat, macht sich der Stadt- und Kreisrat damit den Inhalt »völlig unkommentiert zu eigen«. Außerdem vergleiche er die Bundesregierung mit den Gräueltaten des Nazi-Regimes, was ebenfalls strafbar sei.

Prüfen, ob ein Anfangsverdacht vorliegt

Nicolaus Wegele, der Pressesprecher der Tübinger Staatsanwaltschaft, bestätigt, dass am Dienstagabend eine entsprechende Anzeige gegen Schrade eingegangen ist. Der Fall werde nun erfasst und an den zuständigen Kollegen übergeben. Dieser prüfe, ob ein Anfangsverdacht vorliegt und ob Ermittlungen in Auftrag gegeben werden müssen. 

Ob das unkommentierte Weiterleiten einer Nachricht ausreicht, um sich der Volksverhetzung schuldig zu machen, müsse man nun prüfen, so Wegele. Solche Fälle kommen im Messengerdienst Telegram tausendfach vor. Es gibt Kanäle, auf denen mehr weitergeleitete Nachrichten zu lesen sind als solche, die von Kanal-Mitgliedern selbst verfasst wurden.

Schrade hat keine Post bekommen

Hansjörg Schrade äußert auf GEA-Anfrage, dass er von der zweiten Strafanzeige noch keine Kenntnis habe und deshalb auch nichts dazu sagen könne. »Auch bezüglich der ersten Anzeige habe ich bis heute keine Post von der Staatsanwaltschaft bekommen«, moniert der Stadtrat. Akteneinsicht habe er ebenfalls nicht.

Die Staatsanwaltschaft sei nicht verpflichtet, Beschuldigte direkt über den Eingang einer Strafanzeige zu informieren, stellt Pressesprecher Wegele gegenüber dem GEA klar. Es gebe drei Zeitpunkte, an denen diese schließlich von einer Anzeige gegen sie erfahren würden: Wenn das Verfahren eingestellt wird, wenn es vor Gericht landet, oder wenn sie zur Vernehmung vorgeladen werden.

Bezüglich der ersten Strafanzeige gegen Schrade und des Ermittlungsverfahrens gegen einen Reutlinger Polizisten gibt es noch keine Neuigkeiten. Der Polizist soll der Urheber des damals weitergeleiteten Postings gewesen sein, deshalb wird nun auch gegen ihn ermittelt. Das Landeskriminalamt hat diesen Fall übernommen. (GEA)