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Aktuell Prozess

Sozialgericht: Staat zahlt arbeitslosem Reutlinger nach Umzug die Miete

Der 25-jährige Arbeitslose aus Reutlingern lebte bisher bei seinen Eltern. Weil es mit diesen jedoch zunehmend Streit gab, plante er einen Umzug. Die Umzugspläne lösten einen Streit um die Mietkosten mit dem Jobcenter aus. Das Sozialgericht Reutlingen hat den nun beigelegt.

Paragrafen-Symbole
Paragrafen-Symbole sind an Türgriffen am Eingang zu einem Gericht zu sehen. Foto: dpa/Berg
Paragrafen-Symbole sind an Türgriffen am Eingang zu einem Gericht zu sehen.
Foto: dpa/Berg

REUTLINGEN. Kann das Jobcenter einem Empfänger von Arbeitslosengeld II (SGB II), der bislang mietfrei bei den Eltern gelebt hat, einen Umzug in eine eigene Wohnung und die Übernahme der Mietkosten verweigern? Das Reutlinger Sozialgericht hat diese Frage für einen 49-Jährigen geklärt, dem das Jobcenter just diese Leitungen verweigert hatte: Der Gerichtsbescheid der 3. Kammer des Sozialgerichts Reutlingen besagt, dass der Mann nicht zu Hause bei seinen Eltern wohnen bleiben muss.

Als der Kläger Anfang 2020 einen Antrag auf Arbeitslosengeld stellte, wohnte er mietfrei bei seinen Eltern in deren Wohnung.Im Februar 2021 beantragte er bei dem beklagten Jobcenter eine Zusicherung der Kostenübernahme zum geplanten Umzug (ein unterzeichneter Wohnungsmietvertrag lag vor). Das Jobcenter lehnte dies und damit die Übernahme der Mietkosten ab, weil die Begründung des Klägers nicht trifftig sei.

Streit mit den Eltern aus Auszugsgrund

Der Kläger hatte angegeben, es gäbe ständig Streit mit den Eltern. Das Sozialgericht machte aber klar: Ob ein Umzug erforderlich ist, bestimme sich danach, ob ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliege, von dem sich auch ein Nichtleistungsberechtigter hätte leiten lassen und der auf andere Weise nicht beseitigt werden könne, so das Gericht in seiner Urteilsbegründung.

Bei mindestens 25-Jährigen sei allein das Alter in der Regel hinreichender Grund, um aus der Wohnung der Eltern auszuziehen. Nach Auffassung der Kammer müsse es nach Überschreiten von 25 Lebensjahren auch aus verfassungsrechtlichen Erwägungen der Freizügigkeit (Artikel 11 Grundgesetz) und der freien Entfaltung der Persönlichkeit (Artikel 2 Grundgesetz) heraus gestattet sein, das Elternhaus ohne weitere Begründung zu verlassen. Da der Kläger die übrigen Voraussetzungen (zum Beispiel Angemessenheitsgrenze bei der neuen Wohnung) eingehalten hatte, hat das Sozialgericht der Klage stattgegeben. (eg)