REUTLINGEN. »Hier am Protesttag nur Notdienst« steht in roter Schrift vor dem Eingang der Süd Apotheke Mache. Das Geschäft an der Ringelbachstraße sorgt am Mittwoch für die Arzneimittelversorgung, denn die meisten anderen Quellen für verschreibungspflichtige oder sonstige Medikamente sind geschlossen. Auf Kundschaft brauchen Apothekerin Leonie Mache und ihre Mitarbeiterinnen nicht lange zu warten.
»Wir haben hier Normalbetrieb wie sonntags. Ein Notdienst im Ausnahmezustand«, sagt Leonie Mache. Denn mit dem Protesttag setzt die Branche ein Zeichen gegen die aus ihrer Sicht immer schlimmer werdende Unterfinanzierung der Apotheken, Lieferengpässe bei Medikamenten oder Wirkstoffen sowie eine um sich greifende Bürokratie. Dies alles betrifft direkt kranke Menschen, wie sich auch am Protesttag zeigt.
Nicht nur einmal müssen Leonie Mache und ihre insgesamt vier Mitarbeiterinnen bedauernd feststellen, dass sie das verschriebene Mittel wegen der aktuellen Lieferengpässe leider nicht aushändigen können. Zu sehen sind im Laden typische Notdienst-Kunden. Mütter mit Kleinkindern im Wagen, die dringend Medikamente für ihren kranken Nachwuchs brauchen. Alte Menschen mit Rollator, denen eine Arznei ausgegangen ist. Über die Ladentheke gehen »typische Notdienst-Klassiker« wie Erkältungsmittel, Cortison-Salbe zur Behandlung von Insektenstichen, Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen. Auf dem Platz vor dem Schaufenster herrscht ein reges Einparken und Ausparken. »Ich habe nicht das Gefühl, dass unsere Stammkunden kommen«, sagt Leonie Mache. Das Telefon steht nicht still, »die Menschen fragen, ob wir wirklich geöffnet haben«. Der Notdienst-Termin für ihr Geschäft wurde lange vor dem Protesttag festgelegt. Ausdrücklich erklärt sie sich solidarisch mit allen Apotheken, die geschlossen bleiben. Wie reagieren die Patienten? »Bisher haben wir nur Zuspruch bekommen. Die Leute zeigen Verständnis, wünschen uns viel Glück«, meint die Apothekeninhaberin, »das funktioniert, weil wir geschlossen handeln«. (GEA)