REUTLINGEN. Ein Wir-Gefühl schaffen. Das ist das Ziel der Veranstalter des Represent-Festivals, welches diesen Samstag, 10. September, im Echaz-Hafen die regionale Bandszene enger vernetzten soll. Dass Esra Richter und ihre Band für das Musikevent angefragt wurden, erfüllt die Reutlinger Sängerin mit Stolz. »Das ist schon eine große Sache für meine Band und mich. Wir freuen uns sehr, dass wir dabei sein dürfen.« Von Alternativrock über Western Vintage bis zu Soul und Funkrock kommen dort verschiedene Musikstile zusammen. »Da passen wir also perfekt rein«, findet Richter. Denn ihre Musikrichtung zu beschreiben, fällt ihr schwer. Die meisten ihrer Songs haben Einflüsse aus Soul, Funk, Rock und Jazz. Zu ihren Vorbildern zählt die Sängerin unter anderem Cassandra Steen, Joy Denalane und Max Herre. Und auch der Rest ihrer Band hat ganz unterschiedliche Präferenzen, was ihren Musikstil angeht. »Ich gebe meinen Künstlern immer die Freiheit, ihren eigenen Stil in unsere Lieder einzubringen.«
»Man muss sich so akzeptieren und lieben, wie man ist«
Ihre musikalische Laufbahn hatte bereits früh begonnen: Mit gerade mal elf Jahren wurde sie Teil einer Band, die sich aus Künstlern mit unterschiedlichen Talenten und Musikstilen zusammensetzte. Sie war die Jüngste in der Gruppe, aber ausgemacht hat ihr das nichts. Mit 13 Jahren stand sie dann auch schon das erste Mal mit ihrer Band auf der Bühne. »Das war beim Ententeich in Reutlingen, bei einem Stadtteilfest«, erinnert sich die Sängerin. »An diesem Tag war ich mega aufgeregt. Das war alles so spannend.« Mit 17 Jahren war sie in einem Studio, um mit ihrem Freund und Produzent Vassilios Parashidis – auch als Vasee bekannt – ihr erstes eigenes Album aufzunehmen. Das hat sie auf der Bühne präsentiert. »Da stand ich zum ersten Mal alleine im Mittelpunkt«, erinnert sich Richter.
Nach der Schule machte die Reutlingerin eine Ausbildung zur Friseurin, verlor die Musik aber nicht aus den Augen. Gemeinsam mit dem ebenfalls aus Reutlingen stammenden Comedian Dominik Kuhn – auch bekannt als Dodokay – gründete sie 2007 die Band Welcome to the Pleasuredome. Als sie dann mit Anfang 20 zum ersten Mal Mutter wurde, änderte sich einiges im Leben der jungen Sängerin. »Da haben sich meine Prioritäten natürlich komplett verschoben«, sagt sie. »Mit Kindern, Haushalt und Arbeit hatte ich alle Hände voll zu tun. Für vieles fehlte mir da schlichtweg die Zeit.« Die Musik musste warten, die Familie hatte Vorrang.
Das änderte sich erst während der Corona-Pandemie. »Im Lockdown hatte ich dann endlich mal wieder etwas mehr Zeit. Da habe ich meine Gitarre in die Hand genommen und einfach ein paar Sachen ausprobiert.« So fand Richter zur Musik zurück. Sie beschloss, einen ihrer alten Songs neu aufzubereiten. »Fang an dich zu lieben«, schrieb Richter bereits während ihrer Schulzeit. »Viele Mädchen in meinem Alter hatten Probleme mit ihrem Aussehen – fanden sich zu dick oder zu dünn. Das habe ich damals gar nicht verstanden«, sagt Richter. »Ich wollte ihnen und allen anderen da draußen, die mit sich selbst nicht zufrieden sind, sagen, dass sie aufhören sollen, sich fertigzumachen. Man muss sich so akzeptieren und lieben, wie man ist.« Weil sie sich mit dem Schreiben etwas schwer tut, hatte sie sich Hilfe besorgt: »Ich habe Vasee einfach erzählt, was mich gerade beschäftigt. Er hat das dann in Worte gefasst und so entstand der Song«, erzählt die Sängerin.
»Ich will Menschen mit meiner Musik berühren«
Mit »Fang an dich zu lieben« verbindet sie außerdem noch eine ganz besondere Geschichte. »An dem Tag, an dem ich den Song im Studio aufgenommen habe, war zufällig auch ein anderer Künstler da. Als er meine Aufnahme gehört hat, war er so von mir beeindruckt, dass er einen Rap für den Song geschrieben hat. Seitdem ist viel Zeit vergangen, dieses Jahr sind wir 15 Jahre verheiratet und ziehen gemeinsam drei Kinder groß.«
Ihre Leidenschaft für Musik verbindet Familie Richter. »Mein ältester Sohn bringt seinem Bruder jetzt das Klavierspielen bei«, erzählt Richter strahlend. »Das zu sehen, macht mich so glücklich.« Sie hofft, dass ihr Ältester sie schon bald auf der Bühne musikalisch begleiten wird. »Das wäre ein Traum«, sagt die 35-Jährige.
So richtig berühmt möchte Richter aber nicht werden. »Es ist sicherlich eine Wunschvorstellung der meisten Künstler, mit ihrer Musik ganz groß rauszukommen. Vor allem wenn man noch jung ist«, sagt sie. »Das ist bei mir nicht wirklich anders. Mittlerweile habe ich aber etwas realistischere Ziele für meine musikalische Karriere. Wenn ich mit der Musik mein Geld verdienen könnte, wäre das eine echt coole Sache, aber wenn nicht, dann ist das auch okay.« Vor allem ist es ihr wichtig, mit ihrer Musik etwas weiterzugeben. »Ich will Menschen mit meiner Musik berühren.« Mit »Fang an dich zu lieben« ist ihr das auch gelungen. Bereits am ersten Tag der Veröffentlichung ist der Song im Internet viral gegangen, erzählt sie. »Das war echt verrückt. Ich habe hunderte Nachrichten aus ganz Deutschland bekommen«, erzählt die Reutlingerin.
Ihr nächstes Ziel hat die Sängerin bereits klar vor Augen: »In den kommenden Monaten möchten wir ein Album aufnehmen«, verrät Richter. Das auf die Beine zu stellen wird wahrscheinlich eine Herausforderung, meint Richter. Dennoch ist sie guter Dinge: »Ich kann es kaum erwarten, bis es losgeht.« (GEA)
REPRESENT-FESTIVAL IM ECHAZ-HAFEN
Spielzeiten und Reihenfolge vorher nicht bekannt
Das Live-Event am heutigen Samstag im Echaz-Hafen war ursprünglich als einmaliges Projekt geplant. Die Veranstalter Florian Failenschmid, Axel Albrecht und Marie Ettlen organisieren das Festival aber inzwischen jedes Jahr. Ziel ist es, lokale Bands miteinander vernetzen und die Musikkultur in der Region nachhaltig zu entwickeln. Die Spielzeiten und die Reihenfolge der auftretenden Bands werden vorher nicht bekannt gegeben, um die Spannung hochzuhalten und allen dieselbe Chance zu geben, gehört zu werden. Mit dabei sind die Rockbands Plug’N’Play und Spacemachine, Esra Richter und das Gesangs- und Gitarrenduo Pauline & Aleksi. (jm)