REUTLINGEN. Wie so oft bei Mutproben klingt auch diese recht simpel: Bei der »Hot-Chips-Challenge« sollen extrem scharfe Tortilla-Chips gegessen werden, das Ganze wird gefilmt und anschließend ins Internet gestellt. Das kann aber gefährlich werden. So gefährlich, dass jetzt ein Reutlinger Arzt davor warnt, daran teilzunehmen. »Natürlich hat so eine Mutprobe immer ein psychologisches Moment. Zunächst sollte die Frage gestellt werden: Warum soll ich dabei überhaupt mitmachen?«
Aus medizinischer Sicht sei auf jeden Fall davon abzuraten: »Das braucht kein Mensch. Solche extrem scharfen Dinge zu essen, ist akut gesundheitsgefährdend«, sagt der Reutlinger Allgemeinarzt Dr. Manfred Eissler. Der sehr hohe Schärfegrad des Wirkstoffes Cadsaicin könne zu Übelkeit, Erbrechen, Atemnot, brennenden Augen, gereizten Schleimhäuten und in der Folge zu Bluthochdruck führen: »Weil der Körper dann unter Stress steht«, so Eissler.
»Ein sehr gefährlicher Hype«
In Hessen haben jetzt zwei Anbieter das Produkt zurückgerufen. Kunden, die den entsprechenden Artikel gekauft haben, können diesen gegen Erstattung des Kaufpreises und Vorlage der Rechnung in Absprache mit dem Verkäufer zurückgeben. Mittlerweile liefert der Hersteller das umstrittene Produkt nicht mehr nach Deutschland.
Baden-Württembergs Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister Peter Hauk bezeichnete die Mutprobe als »sehr gefährlichen Hype«. Nicht nur Kinder und Jugendliche riskierten, sich so zu verletzen, dass sie im Krankenhaus behandelt werden müssen. Das Ministerium veröffentlichte folgende Information zum Schärfegrad der Chips, der in der Maßeinheit Scoville gemessen werde: »Die sogenannten ‚Hot Chips‘ sind mit der schärfsten Chili-Sorte der Welt, der ‚Carolina Reaper‘, gewürzt. Sie haben einen Schärfegrad von über zwei Millionen Scoville. Zum Vergleich: Eine Tabasco-Soße hat zwischen 1.600 und 5.000 Scoville.«
Hinzu kommt, dass die Hot Chips wohl bei der extremen Schärfe auch starke Schwankungen des Wirkstoffes Capsaisin aufweisen. Warnungen gibt es deshalb auch auf dem Verbraucherportal des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Der Stoff stammt aus Chilischoten.
Hersteller stoppt Export nach Deutschland
In Tübingen, Heilbronn und Garmisch-Partenkirchen wurden Kinder und Jugendliche mit schweren Gesundheitsschäden in Kliniken eingeliefert. Im Kreisklinikum Reutlingen gab’s nach GEA-Informationen noch keine Fälle für die Notaufnahme.
Das Ministerium von Peter Hauk hat nach eigenen Angaben die unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden angewiesen, für das Produkt »chargenunabhängig nach dem Vorsorgeprinzip ein Verkehrsverbot auszusprechen«. Es darf somit in Baden-Württemberg nicht mehr verkauft werden. (GEA)