REUTLINGEN. Was wollten Sie schon immer einmal machen, haben sich aber nicht getraut, es auch tatsächlich zu tun? Sport- und Schwimmlehrerin Petra Seibert sagt, für sie sei die Antwort auf diese Frage bereits seit geraumer Zeit klar gewesen: Sie habe schon immer ihre eigene Schwimmschule eröffnen wollen. Nach einem ersten gescheiterten Versuch möchte sie es jetzt noch einmal wagen, diesen Traum in die Realität umzusetzen. Die ersten Kurse der Schwimmschule »Wasserliebe« beginnen Mitte März – wegen einer Sportverletzung Seiberts mit etwas Verspätung.
Mit zehn Jahren trat Petra Seibert der DLRG in Mössingen bei, wie sie selbst berichtet, hat dort ihre Rettungsschwimmabzeichen absolviert und jahrelang selbst Schwimmunterricht gegeben. Später hat sie sowohl bei der TSG Reutlingen als auch bei der Volkshochschule als Schwimmlehrerin gearbeitet und außerdem eine Ausbildung zum Aqua-Fitness-Trainer beim Schwimmverband Württemberg gemacht. Seit nun mehr als elf Jahren ist Seibert Schwimm- und Sportlehrerin an der Eduard-Spranger-Schule.
»Jeder hat eine Gabe. Man muss den Mut haben, sich auszuprobieren«
Für sie sei schwimmen »eine Herzensangelegenheit«, betont die 50-Jährige. »Wenn man die Liebe zum Wasser entdeckt hat, öffnen die Schwimmfertigkeiten die Tür zu zahlreichen anderen aufregenden Wassersportarten, wie Surfen, Tauchen, Segeln und vielem mehr.« Auch die Rektorin der Eduard-Spranger-Schule, Gabriele Kupfer, bestätigt: »Frau Seibert ist Wasser.«
Dass Petra Seibert gerade jetzt noch einmal einen Versuch startet, hängt nach ihrer Aussage vor allem damit zusammen, dass immer weniger Kinder schwimmen lernen – auch aufgrund der Pandemie. Monatelang sei Schwimmunterricht unmöglich gewesen. Die Kinder ihrer 3. Klasse seien beim Schwimmen auf dem Stand von Erstklässlern. »Eine Statistik der DLRG besagt, dass im Durchschnitt sechs von zehn Grundschulkindern gar nicht schwimmen können«, berichtet Seibert. Grundsätzlich fehle es an Schwimmbecken, die dann auch noch überwiegend an Schulen oder Vereine vermietet würden. Das bedeute, dass Einzelpersonen wie sie meist keine Schwimmkurse für Gruppen anbieten könnten.
Dieses Problem umgeht Petra Seibert dadurch, dass sie Einzelunterricht anbietet. Mit den Bädern in Reutlingen, Pfullingen und Wannweil habe sie eine dementsprechende Vereinbarung getroffen. Sie und ihre Schüler zahlen den normalen Eintrittspreis für die Bäder, so wie Privatpersonen. Sie darf dann mit den Kindern das Bad für ihren Unterricht benutzen. Einzelunterricht hat auch noch andere Vorteile, erklärt Seibert, denn so sei es möglich, viel gezielter auf die persönlichen Bedürfnisse eines Kindes auch wirklich vollkommen einzugehen. »Dadurch stellt sich ein Lernfortschritt auch deutlich schneller ein«, sagt Seibert. Mit diesem Konzept könne der durch die Pandemie entstandene Stau vielleicht wieder aufgelöst werden. Letztlich zähle: »Jedes Kind, das schwimmen kann, das ertrinkt nachher nicht. Und im besten Fall wird es noch zum Rettungsschwimmer.«
NEUANFANG
Etwas Neues anfangen? Im eigenen Leben etwas verändern? Wer träumt davon nicht hin und wieder. Im GEA wollen wir Geschichten von Menschen erzählen, die es nicht beim Träumen belassen, sondern einen Neuanfang oder eine Veränderung wagen. Im Großen wie im Kleinen. Wer seine Geschichte erzählen möchte oder Menschen kennt, die ihren Lebenstraum verwirk- lichen: bitte melden! (GEA) lokales@gea.de
Zuspruch habe es von allen Seiten gegeben. »Warum hast du das nicht schon früher gemacht?«, habe es unter Familie und Freunden geheißen. Auch bei den Kollegen an der Sprangerschule sei die Begeisterung groß gewesen, und der eine oder andere sei wohl auch am Überlegen, in die Schwimmschule »Wasserliebe« einzusteigen. Das wäre für Petra Seibert der nächste große Schritt. Wenn die Schule erst mal richtig läuft, würde sie sie gerne erweitern. Jedem, der darüber nachdenkt, sich seinen eigenen Lebenstraum zu erfüllen, rät Petra Seibert, es auf jeden Fall zu versuchen: »Jeder hat eine Gabe. Man muss den Mut haben, sich auszuprobieren. Man will sich ja am Ende nicht fragen müssen, warum man es nicht wenigstens versucht hat.« (GEA)