REUTLINGEN. Die drei Bundestagsabgeordneten Beate Müller-Gemmeke, Michael Donth und Dr. Martin Rosemann sind gestern für einen Vormittag in die Rolle des Praktikanten geschlüpft: Sie unterstützten die Mitarbeiter des Bioland-Hofguts Gaisbühl im Rahmen des Gustav-Werner-Tages bei ihrer Arbeit und setzten damit ein Zeichen für ehrenamtliches Engagement.
Einige Stunden lang den Bundestag gegen den Bauernhof tauschen: Das war für die drei Bundestagsabgeordneten nicht nur eine Herausforderung, »es machte auch total Spaß«, so Beate Müller-Gemmeke. Anlässlich des 213. Werner’schen Geburtstages kam reichlich Polit-Power zusammen. So packte etwa die Bundestagsabgeordnete der Grünen in der Hofgut-Bleiche mit an und half den Mitarbeitern, kleine Rosenkohlknospen sauber zu machen. Sie habe sich schon lange gewünscht, »mal an einem so wundervollen Ort wie der Bleiche mitzuarbeiten« und sich außerdem mit Betreuern und Betreuten über ihren Alltag auszutauschen.
Schafstall ausmisten
Der Bundestagsabgeordnete Michael Donth (CDU) schnupperte für ein paar Stunden in den Schafstall hinein. Dort war zunächst mit dem Schubkarren ausmisten und frisch einstreuen angesagt. Danach wurden die Schafe von der Weide geholt und in den Stall zurückgebracht. Was ihm besonders auffiel, war »das tolle Miteinander von Mensch und Tier«, und dass die Tiere hier einfach da sind, um Freude zu bereiten. Dagegen spiele der wirtschaftliche Nutzen eine eher marginale Rolle. So habe ihn der Umgang mit den Tieren am meisten beeindruckt, nicht zu vergessen die Fahrt mit dem Radlader, die für Donth eine echte Premiere war.
Dr. Martin Rosemann war ebenfalls beeindruckt, »wie gut das hier läuft«. Im Vordergrund stehe, den richtigen Platz für jeden Mitarbeiter zu finden und das wirke sich auf die Zufriedenheit der Betreuten aus. Er ließ sich in der Küche einen Einblick in den Arbeitsalltag geben und half beim Rucola- und Karottenputzen mit: »Das ist hier noch richtige Handarbeit«, so der SPD-Bundestagsabgeordnete. Beim anschließenden Pressegespräch nahm er den Vorschlag des Bruderhaus-Vorstandsvorsitzenden Andreas Lingk auf, den Hofgut-Mitarbeitern mit und ohne Handicap mehr Chancen zu eröffnen, in den ersten Arbeitsmarkt zu wechseln. Gleichwohl müsse man »die Menschen befähigen, den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt zu gehen«, ergänzte Beate Müller Gemmeke.
Der Arbeitseinsatz brachte für die drei Politiker zwei Stunden Eindrücke mit sich, wie man sie am Schreibtisch nicht sammeln kann.
Sicherlich trug dieser Vormittag auch dazu bei, das Klischee vom abgehobenen Politiker zu entkräften. Wichtig war für die Politiker auch zu sehen, welche Probleme Hofgut-Mitarbeiter mit und ohne Handicap tagtäglich umtreiben. Auch sei es spannend mitzuerleben, »mit welchem Engagement in einer Einrichtung mit lokaler und ökologischer Ausrichtung gearbeitet wird«, so Rosemann. (GEA)
BIOLAND-HOFGUT GAISBÜHL
Das Bioland-Hofgut Gaisbühl der Bruderhaus-Diakonie ist nicht nur eine der ersten Reutlinger Adressen für hochwertige und regionale Bioprodukte, man kann hier in eine ganz eigene Welt eintauchen. Etwa je zur Hälfte arbeiten im Hofgut Menschen mit einer geistigen Behinderung und einer psychischen Erkrankung. Ihnen einen Arbeitsplatz zu geben, an dem sie qualifiziert werden, produktiv sein können und Freude haben, ist das Ziel der Beschäftigung – im Laden, im Café, im Stall oder bei einem der vielen speziellen Angebote, die der Hof für Kinder bereithält. (jüsp)