REUTLINGEN. Corona – und (gefühlt) kein Ende. Mitten im zweiten Lockdown wächst zwar die Sehnsucht nach Urlaubsreisen, träumen die Menschen von Sommer, Sonne und unbeschwerter Erholung, von kulturellem Erleben und Städtetrips, aber: Schmieden sie darob auch konkrete Pläne? Der GEA hat sich in der Wilhelmstraße umgehört und nachgehakt: Wie halten’s Passanten in diesem Jahr mit dem Urlaub?
»Ich plane nichts«, sagt Isabel Schröder-Lutz und begründet ihre Haltung mit »fehlender Planungssicherheit«. Solange unklar sei, ob es nicht doch wieder Grenzschließungen oder einen dritten harten Lockdown gibt, verkneift sich die Reutlingerin jedwedes Urlaubsvorhaben. »Außerdem möchte ich keine Quarantäne vorher und/oder danach auf mich nehmen«, erklärt sie. »Dass die Reiseveranstalter Buchungen bitter nötig haben – dessen bin ich mir natürlich bewusst. Hilft aber alles nichts. Ich bleibe daheim. Meines Erachtens liegt diese Branche eh schon am Boden. Da rollt eine gigantische Insolvenzwelle auf uns zu.«
Auch Ramazan Selcuk hat sich inzwischen damit abgefunden, zu Hause zu bleiben. Ursprünglich wollte er mit einer 15-köpfigen Gruppe an die Schwarzmeerküste fliegen. Doch daraus wird nichts. Sogar schon zum zweiten Mal. Denn bereits 2020 fiel der geplante Trip der Corona-Pandemie zum Opfer. Selcuk bleibt trotzdem dran. »Wir sind guten Mutes, dass es nächstes Jahr klappt.«
Derweil Mirjam Böblinger die Reiselust in Corona-Zeiten komplett abhandengekommen ist. »Urlaub bedeutet für mich Laissez-faire. Die Coronazwänge vereiteln aber dieses locker-leichte Lebensgefühl. Sie beschneiden Freiheiten, die für mich untrennbar mit Urlaub verbunden sind. Andernfalls macht das Ganze doch keinen Spaß. Außerdem befürchte ich, auf Kosten sitzen zu bleiben. Am Ende ist der Kunde der Dumme. Nein danke!«
So ähnlich sieht das auch Adameika Daria. »Ich habe keine Reisepläne und übe mich in Verzicht. Schon allein wegen meiner beiden kleinen Kinder, die sich nicht anstecken sollen.« Daria, die gebürtig aus der Ukraine stammt, ist zwar sehr traurig, schon im zweiten Jahr in Folge ihre Familie nicht besuchen zu können; aber: »Sicherheit geht vor.« Vorsicht sei schließlich allemal besser als Nachsicht.
Denn Vorsicht ist, wie Luca Bertolli betont, »die Mutter der Porzellankiste«. Einen Scherbenhaufen will er keinen riskieren und bleibt deshalb in Reutlingen. »In einen Flieger kriegt man mich derzeit sowieso nicht. Dieses Dicht-an-Dicht bereitet mir Unbehagen. Dem will und werde ich mich nicht aussetzen.« Ob er grundsätzlich Angst vor Ansteckung hat. »Ja. Als Diabetiker gehöre ich zur Risikogruppe. Es wäre unklug, eine Infektion zu provozieren. Kein Urlaub kann so schön sein, dass er es wert wäre, mit dem Leben bezahlt zu werden.«
Und wie geht Timo Schell mit Reiseplänen in Corona-Zeiten um? »Ich lege sie auf Eis und warte ab, bis sich die Lage wieder entspannt hat. Jetzt ist Geduld gefragt und Besonnenheit.« Die Bilder von proppenvollen Urlaubsstränden aus dem Sommer 2020 haben bei Timo Schell Spuren hinterlassen. »Selbst wenn wieder manches gelockert wird, werde ich mich garantiert nicht sofort ins Getümmel stürzen. Dafür gibt es viel zu viele Leichtsinnige. Ich bin doch nicht verrückt!«
Ebenso wenig verrückt: Jens Günther, den es aktuell »ganz und gar nicht« ins Ausland zieht. »In vielen Ländern ist die Situation ja noch viel schlimmer, als in Deutschland«, sagt er und gibt zu, »schon ein bisschen Angst zu haben«. Auf alle Fälle fehle es ihm »an der Motivation, eine Reise zu buchen. Corona ist schließlich allgegenwärtig«.
Und Corona ist »ein Reiseverhinderer«, wie Sebastian Meier es formuliert. »Ich bleib’ dieses Jahr daheim, denn mir sind Reisen zu unsicher, wegen Ansteckungsgefahr und Planungsunsicherheiten, wegen Maskenpflicht und Quarantäne, also Einzelhaft, wegen, wegen, wegen. Suchen Sie sich eine Begründung aus. Mir ist’s echt nicht danach, in ein Flugzeug zu steigen und dann womöglich am Ferienort festzusitzen.«
Das eint ihn mit den Eheleuten Sylvia und Peter Reineke. Eigentlich sind sie sehr reiselustig. Kaum ein Monat, in dem die beiden Rentner normalerweise nicht auf Achse sind. Heuer aber ist alles anders. »Wir haben null Pläne«, verrät Peter Reineke. Und seine Frau ergänzt: »Wir warten sicherheitshalber ab.« Aus Angst? Durchaus. Aber auch, weil sich die Enttäuschung des Vorjahres nicht unbedingt wiederholen muss. 2020 hatten die Reutlinger gebucht, durften die Reise aber nicht antreten. Seither liegt ein Gutschein in der Schublade. Weitere solcher Exemplare braucht’s nicht. (GEA)