REUTLINGEN. Der Handel mit Gebrauchtwaren im Internet boomt. Wegschmeißen kommt für viele nicht infrage. Wegen der Umwelt. Autos, Kleider, Bücher oder Elektro-Artikel gehören zu den beliebtesten Second-Hand-Produkten, doch auch kuriose Gegenstände, wie alte Plastiktüten, ein zerknülltes Blatt Papier, eine verkohlte X-Box, ein benutzter Kaugummi oder ein geschmolzener Schneemann haben es schon auf diverse Online-Marktplätze geschafft. Das, was ein Mann in Orschel-Hagen will, gibt's allerdings nirgends zu kaufen: Volle Windeln.
Seit Oktober 2018 schreibt der Mann immer wieder Mütter an, die gebrauchte Babysachen im Netz veräußern. »Ich hatte damals neue Windeln zu verkaufen und Milch, die übrig geblieben ist. Daraufhin hat er mir geschrieben und meinte, er wolle sie (...). Anschließend wollte er, dass ich die Packung Windeln öffne und meine Kleine noch einmal groß und klein reinmachen lasse«, schreibt eine Betroffene jüngst bei Facebook. 100 Euro soll der Mann geboten haben, zustande gekommen sei der Deal allerdings nie.
Die Frau, die nicht mit dem GEA über den Fall sprechen will, ist nicht die einzige Mutter in Orschel-Hagen, die schon von dem Mann angeschrieben wurde. Unter ihrem Facebook-Post melden sich zwei weitere Betroffene. Bei ihnen habe sich der Mann ebenfalls nach vollen Windeln erkundigt. Vier Anzeigen zu diesem Thema sind schon bei der Reutlinger Polizei eingegangen. Eine im Oktober vergangenen Jahres, eine im Februar 2019 und zwei im April.
Der Mann wird schnell ermittelt, die Beamten kennen ihn. »Pervers« wie er im Netz genannt wird, ist er nicht, sondern »psychisch auffällig«, sagt Christian Wörner vom Polizeipräsidium Reutlingen. Der Mann sei schon durch andere Kleinigkeiten aufgefallen und wurde hin und wieder alkoholisiert aufgegriffen. Allerdings schätzt die Polizei ihn als harmlos und nicht gewalttätig ein.
Bezüglich der Sache mit den vollen Windeln hat die Polizei dem Mann schon mehrfach eine Gefährderansprache gehalten, woraufhin dieser alles abgestritten hat. Mehr können die Beamten jedoch nicht tun. »Das mit den Windeln ist laut Staatsanwaltschaft keine Straftat. Wegsperren kommt also nicht infrage«, sagt Wörner. Auch eine Unterbringung gegen seinen Willen in der Psychiatrie ist keine Möglichkeit, dafür sei der Mann schlicht zu harmlos. Betroffenen rät Wörner, Anfragen dieser Art sofort bei der Polizei zu melden und versichert: »Wir sind an ihm dran.« (GEA)