REUTLINGEN. Mit 23 Stimmen wurde Jessica Tatti am Samstag zur Direktkandidatin der Linken im Wahlkreis Reutlingen für die Bundestagswahl 2021 gewählt. »Wir können stolz sein, dass wir Linke sind, denn wir machen Politik für alle«, hatte die 39-jährige Tatti zuvor betont. Knapp 30 Parteimitglieder waren zusammengekommen, um zu bestimmen, wer für die Partei in den nächsten Bundestagswahlkampf eintreten – und nach Möglichkeit auch wieder in das Parlament einziehen soll. »Ich bitte erneut um euer Vertrauen«, sagte Tatti, die 2017 zum ersten Mal nach Berlin in den Bundestag kam. Dort ist sie seitdem Mitglied im Ausschuss für Soziales und Arbeit.
Ja, sagte sie vor der Veranstaltung am Samstagvormittag im Spitalhof – sie sei nervös und aufgeregt, immerhin gehe es doch darum, zu sehen, ob die Parteimitglieder in Reutlingen noch Vertrauen zu ihr haben. Kaum jemand dürfte das angezweifelt haben, überraschend war allerdings bei der Versammlung (auch für alle Parteimitglieder), dass sich ein Gegenkandidat meldete: Auf die Frage des Versammlungsleiters Günter Busch, ob sich weitere Bewerber finden würden, meldete sich Sascha Lootse und hob die Hand. Er sei »ganz frisch Parteimitglied, in diesem Jahr habe ich mich dazu entschlossen«, sagte er bei seiner Vorstellung. 32 Jahre alt sei er, habe vier Kinder, war bis vor kurzem bei der Polizei, arbeite nun als Verwaltungsbeamter. »Ganz spontan habe ich mich heute entschlossen, zu kandidieren«, betonte Lootse.
Die Überraschung bei den Linken-Mitgliedern wich und Begeisterung machte sich breit, nachdem Lootse verkündet hatte, dass er sich aktiv in die Parteiarbeit einbringen will. »Respekt«, verkündete Rüdiger Weckmann. »Was Besseres kann uns doch gar nicht passieren, als dass Jüngere kommen, die sich engagieren wollen«, betonte Günter Herbig. Die Ziele von Lootse (der schlussendlich zwei Stimmen erhielen) bezeichnete er selbst als die gleichen wie die von Jessica Tatti. Und die hatte zuvor schon ausgeführt, wofür sie sich zusammen mit den Linken einsetzen will.
Eine "funktionierende Daseinsvorsorge" zähle ebenso dazu wie auch "eine bestmögliche Versorgung im nicht-profitorientierten Gesundheitssystem. Und: "Wir brauchen anständige Löhne, um den Pflegenotstand zu beseitigen." Wie sich gerade jetzt während der Pandemie zeige, "fallen die prekären Beschäftigungsverhältnisse als erste in die Arbeitslosigkeit". (GEA)