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Hochschule leidet unter Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger

Baden-Württemberg erhebt als einziges Bundesland Gebühren für Studenten, die keine EU-Bürger sind. Während manche Hochschulen kaum einen Unterschied der Bewerberzahlen merken, beklagt beispielsweise die Reutlinger Hochschule einen Wettbewerbsnachteil.

Die Hochschule Reutlingen auf dem Hohbuch. GEA-ARCHIVFOTO: NIETHAMMER
Die Hochschule Reutlingen auf dem Hohbuch. GEA-ARCHIVFOTO: NIETHAMMER
Die Hochschule Reutlingen auf dem Hohbuch. GEA-ARCHIVFOTO: NIETHAMMER

REUTLINGEN. Einigen Hochschulen in Baden-Württemberg macht die Einführung der Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger zu schaffen. Das ergab eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. »Bei uns sind insbesondere die Studierenden aus den armen Ländern betroffen, die sich das nicht mehr leisten können«, sagte Ruth Fleuchaus, Prorektorin für Internationales und Diversität an der Hochschule Heilbronn.

Am auffälligsten seien die Auswirkungen bei Studenten aus afrikanischen Ländern. »Wir hatten mehrere Hundert bei uns. Jetzt kommt keiner mehr nach.« Eigentlich wolle die Hochschule ihren Studenten ein internationales Klima bieten und kulturellen Austausch fördern. »Uns sind die Hände gebunden.«

Seit dem Wintersemester 2017/2018 müssen Menschen, die fürs Studium von außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums einreisen, in Baden-Württemberg 1500 Euro pro Semester zahlen. Die Zahl dieser Studenten sank mit der Einführung im Vergleich zum vorangegangenen Wintersemester um 19,2 Prozent, wie aus Zahlen des Wissenschaftsministeriums hervorgeht. Die Entwicklung im aktuellen Semester veröffentlicht es erst im Frühjahr 2019.

In den vergangen 20 Jahren sei die Zahl der internationalen Studenten aber um rund 300 Prozent gestiegen, teilte ein Ministeriumssprecher mit. »Eine weitere Zunahme ist perspektivisch zu erwarten – und auch sehr erwünscht.« Die Hochschulen und die Gesellschaft profitierten davon, dass internationale Studenten nach Baden-Württemberg kämen.

»Für uns sind die Gebühren ein Wettbewerbsnachteil«, erklärte Baldur Veit, Leiter des International Office an der Hochschule Reutlingen. Eigentlich finde er sie fair gegenüber den Steuerzahlern in Deutschland. »Aber dann bitte überall.« Baden-Württemberg sei das einzige Bundesland, das eine solche Gebühr erhebe. »Wir wissen ganz konkret, dass viele, die gekommen wären, nicht gekommen sind«.

Die Gesamtzahl der Nicht-EU-Studenten habe sich in Reutlingen mit den Gebühren nur geringfügig geändert. Aber bestimmte Studiengänge seien sehr stark betroffen. Vor allem »International Business«, in dem Menschen aus unterschiedlichen Ländern gemeinsam studieren sollen. Im englischsprachigen Studiengang »Electrical Engineering and Information Technology« an der Hochschule Ravensburg-Weingarten fiel die Bewerberzahl von 225 (Sommersemester 2017) auf 90 (Sommersemester 2018). Darüber hatte die »Schwäbische Zeitung« zuvor berichtet.

In Heilbronn sind Fleuchaus zufolge vor allem IT und Technik betroffen - »die Fächer eigentlich, die wir brauchen in Deutschland, das ist die Ironie.« Die Idee am internationalen Austausch sei doch: »Wir holen die Studierenden rein, bilden sie aus und haben sie hier für uns in der Wirtschaft. Oder sie gehen zurück und bauen in ihren Ländern Strukturen auf.«

An vielen anderen Hochschulen im Südwesten machten sich die Gebühren hingegen kaum bemerkbar. So etwa an den Universitäten in Stuttgart und Freiburg oder an der Hochschule Karlsruhe. Auch an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg gebe es eine völlig stabile Nachfrage - allerdings seien die Studenten dort auch kaum von den Gebühren betroffen, sagte ein Sprecher.

Rund 21 Millionen Euro nimmt Baden-Württemberg laut Wissenschaftsministerium durch die Zahlungen der Studienanfänger vom vergangenen Wintersemester ein. Ein Fünftel davon, 300 Euro pro Student und Semester, geht direkt an die jeweilige Hochschule. Das Geld soll die Studienbedingungen für die Zahlenden verbessern. Davon bleibe nicht viel hängen, sagt Baldur Veit - zu viele Ausnahmen, zu viel Bürokratie. Rund die Hälfte ist laut Wissenschaftsministerium davon befreit. Veit: »Ich persönlich bin der Meinung, dass der Aufwand viel höher ist als der Ertrag.«