REUTLINGEN. In diesen Tagen feiert die Evangelische Hochschule Ludwigsburg am Standort in Reutlingen ihr 50-jähriges Bestehen. Aus der Hochschule für Soziale Arbeit gingen zahlreiche prägende Impulse für das soziale Leben in der Region hervor. Rund 140 Studierende im Alter zwischen 19 und 45 Jahren erarbeiten sich heute in der Regelstudienzeit von sieben Semestern an der Hochschule in Reutlingen in einem generalisierten Studiengang das Rüstzeug, um später in sozialen Berufen – von der Schwangerschaftsberatung über den musikpädagogischen Bereich, Inklusion, Frauen- oder Seniorenarbeit bis hin zur Hospizbetreuung – tätig zu werden.
»Wie kann man Menschen in schwierigen Lebenssituationen verstehen und so begleiten, dass sie ihren Weg finden?« sei, so Professor Jo Jerg, Leiter des Campus, die zentrale Fragestellung. Dabei sind ethische Perspektiven und die Berücksichtigung von Lebensbedingungen von zentraler Bedeutung.
Die Evangelische Landeskirche Württemberg ist Trägerin des Studiengangs an der Evangelischen Hochschule Ludwigsburg und seit 2018 auch der Außenstelle Reutlingen. Gleichwohl ist die Hochschule konfessionsoffen. »Wir brauchen eine zunehmende Verständigung zwischen den Religionen«, betont Studiengangsleiterin Professor Dr. Maria Knab. Wer hier studiere, erwerbe eine umfassende Qualifizierung für die unterschiedlichsten Bereiche. 1999 war die Institution in Reutlingen aufgehoben und mit Ludwigsburg fusioniert worden. »Doch dann kam die Hochschule wieder hierher zurück«, berichtet Jerg. »Hier war der Bedarf durch die vielen sozialen Einrichtungen hoch, und ein tragfähiges Fundament wurde unter anderem durch eine Unterstützung von Stadt, Landkreis und sozialen Unternehmen gelegt.«
Bei einem Festakt erinnerte Professor Dr. Norbert Collmar, Rektor der EH Ludwigsburg, an die Geschichte der Hochschule. Anschließend wurde, ganz im Sinn des an der Hochschule gepflegten interdisziplinären Austauschs, in Gesprächsrunden über Bündnisse für inklusionsorientierte Entwicklungen, Teilhabe und politische Beteiligung als Aufgabe der Sozialen Arbeit, Beitrag der Genderdebatte für eine gerechtere regionale Entwicklung und die Rolle der Studierenden im Studiengang früher und heute diskutiert.
Auf dem Semesterplan stehen aktuell unter anderem Psychologie, Soziologie, Pädagogik, Ethik, Politikwissenschaft, Gesundheitswissenschaft, Jura, Medien und Soziale Arbeit. Die Professoren heben hervor, dass von Anfang an auch die Praxis wichtig sei. »Man geht in die unterschiedlichsten Einrichtungen, um dort die Arbeit und die Anforderungen kennenzulernen und für sich selbst die passende Richtung zu finden«, so Maria Knab.
»Menschen in schwierigen Lebenssituationen verstehen und begleiten«
Sehr wichtig, sagt Jo Jerg, sei in den letzten Jahren auch die Planung geworden. Kommunen, Politiker und Einrichtungen holen sich Rat bei der Hochschule, wenn es um Fragen geht, was man für Kindertagesstätten oder ein Quartierskonzept brauche. Vor Kurzem haben sich sechs Studierende im Auftrag der Stadt intensiv mit dem Thema Wohnungsnot und Lösungsansätzen beschäftigt.
Viele die Stadt prägende Institutionen wie die Musikwerkstatt, die Kunstwerkstatt, das Mädchenhaus, das Theater Lindenhof, das Jugendhaus Hohbuch, Graffiti oder das Nepomuk gehen auf die Initiative von Absolventinnen und Absolventen der Hochschule zurück. »Wir sind sehr gut vernetzt und legen großen Wert darauf, dass wir nicht nur einen Beitrag im städtischen, sondern auch im ländlichen Raum leisten«, sagt Knab. (GEA)