REUTLINGEN/TÜBINGEN. Trotz Lockerungen der coronabedingten Einschränkungen gab es im Juni noch keine Entspannung am regionalen Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosenquote stieg auf 4,1 Prozent an (Vorjahr: 2,9 Prozent). Insgesamt 12 079 Menschen aus dem Bezirk der Agentur für Arbeit Reutlingen und den Jobcentern der Landkreise Reutlingen und Tübingen sind somit derzeit arbeitslos – 375 Personen mehr als im Mai.
Während die Arbeitslosenquote im Kreis Tübingen gegenüber dem Vorjahr um 38,9 Prozent auf 4 467 Menschen anstieg, fiel der Zuwachs im Kreis Reutlingen mit einem Anstieg um 48,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 7 612 Menschen deutlicher aus. Auch Menschen im Alter von 15 und 25 Jahren sind vermehrt betroffen. Die Arbeitslosenquote stieg in den Landkreisen gegenüber dem Mai um 0,2 Prozentpunkte auf 3,7 Prozent.
Wilhelm Schreyeck, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Reutlingen, überraschen diese Zahlen nicht: »Viele Branchen kämpfen nach wie vor mit den Pandemiefolgen. Zwar sehen wir bei den Anzeigen auf Kurzarbeit, dass die neuen Anzeigen im Vergleich zu den vergangenen Monaten stark rückläufig sind.« Trotzdem brauche es noch Monate, bis ein normaler Verlauf zu erwarten sei.
Weniger Stellen, mehr Arbeitslose
Einen besonderen Anstieg beobachtet Schreyeck bei Menschen, die direkt aus der Erwerbstätigkeit kämen und in die Arbeitslosigkeit rutschten. »Wir sehen einen Anstieg des Bestandes um 64 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.« Natürlich fänden auch jetzt Erwerbslose eine Anstellung. Noch seien aber mehr Menschen gezwungen, Arbeitslosengeld zu beantragen als den Leistungsbezug beenden zu können. Beschäftigte aus Gastgewerbe und Handel trifft es besonders.
Einen deutlichen Rückgang vermeldet die Agentur für Arbeit jedoch bei den Kurzarbeitsanträgen: 125 Mal wurde von Betrieben Kurzarbeit angemeldet. Betroffen könnten bis zu 3 386 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sein. Gerade im Bereich Handel und Gastronomie hätte zuletzt die Arbeit mit Einschränkungen aber wieder aufgenommen werden können", ergänzt Schreyeck. Leider sei für manche Arbeitgeber dieses Wiederhochfahren zu spät gekommen. Sie mussten teils bereits Kündigungen aussprechen.
Freie Stellen gibt es derzeit in der Region so kaum. Die leichte Entspannung vom Mai bei den gemeldeten Arbeitsstellen hat nicht bis in den Juni getragen. Lediglich 496 neue Jobangebote meldeten die örtlichen Betriebe und Verwaltungen dem Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur. Gegenüber dem Vorjahresmonat ist dies ein Minus von 48,9 Prozent.
Weiterbildungen sollen helfen
Insgesamt konnten die Arbeitsvermittlerinnen und Arbeitsvermittler 2 151 Jobs anbieten. Sie hatten damit 43,5 Prozent weniger Stellen als vor einem Jahr registriert bei deutlich mehr Arbeitslosen. Schreyeck will derweil auf Weiterbildung setzen. Die bleibe auch während Corona ein zentrales Thema.
Neben der Veröffentlichung der Arbeitslosenzahlen wurde von den Agenturen auch die Beschäftigtenstatistik aktualisiert. Zum 31. Dezember 2019 (letzter Erhebungsstand und damit vor der Krise) arbeiteten 201 135 Personen in der Region sozialversicherungspflichtig, das waren 1,1 Prozent mehr als im Vorjahr. (aa)