REUTLINGEN. Seit 2003 laufen die Maschinen im Druckzentrum Neckar-Alb – und das Tag für Tag, Nacht für Nacht. Echte Wertarbeit aus der Schweiz, einst entwickelt und gebaut von der damals technisch weltweit führenden Wifag Maschinenfabrik in Bern. »Die Mechanik ist auch noch tipptop, aber für manche Elektronikbauteile gab es keine Ersatzteile mehr«, erklärt Ulrike Köhler als Geschäftsführerin des Gemeinschaftsunternehmens von sechs Verlagen. Man stelle sich vor wie hoffnungslos es wäre, heute die Grafikkarte für einen um die Jahrtausendwende gebauten Personalcomputer zu finden.
Wertvolle Maschinen
Doch während der Computer längst ein Fall für den Wertstoffhof ist, sind die Druckmaschinen nach wie vor von großem Wert. Vor allem aber werden sie gebraucht. Auch in einer digitalisierten Nachrichtenwelt ist die gedruckte Zeitung gefragt.
»Wenn eine Maschine steht, weil ein Elektronikbauteil ausfällt – und wir haben keinen Ersatz – dann erscheinen die Zeitungen nicht«, beschreibt Ulrike Köhler den schlimmsten aller Pannenfälle, zu dem es niemals kommen soll. Somit wird die für die Ewigkeit gebaute Mechanik von gestern mit der Elektronik von heute versehen. »Wir nennen es Retrofit, ein Begriff unserer Schweizer Lieferanten«, erklärt die Geschäftsführerin. Dabei liest sich Retrofit nach leicht und locker, ist es aber keinesfalls.
Das Projekt wurde im Druckzentrum Neckar-Alb im Januar 2019 gestartet. Mit der Modernisierung der drei Falzapparate. Im November des vergangenen Jahres war die erste Etappe geschafft. Wer sich jetzt fragt, wieso drei Maschinen fast ein ganzes Jahr lang intensive Zuwendung brauchen, verkennt wie kompliziert das Thema ist – in der Verbindung von Mechanik, Elektromechanik und EDV. Nun sind die Drucktürme an der Reihe.
Hinter den vornehm grauen Verkleidungen der gigantischen Druckmaschinen verbirgt sich, typisch Wifag eben, jede Menge Technologie. »In jeder Maschine stecken viele Antriebe, die verkabelt sind und voneinander abhängig gesteuert werden. Das Ganze muss natürlich mit dem Rest der Druckmaschinen abgestimmt werden. Alle Teile müssen miteinander sprechen«, beschreibt Ulrike Köhler die Herausforderungen beim Retrofit. Dazu kommt, dass sämtliche Arbeiten im laufenden Betrieb erledigt werden müssen. Einfach mal ein Druckzentrum in den Erholungsurlaub schicken, das geht nicht.
Seit Januar modernisieren Fachleute von der ABB Schweiz den Druckturm Nummer 3. Da werden kilometerweise Kabel neu gezogen, Antriebssteuerungen ersetzt oder Netzwerkverbindungen auf den aktuellen Stand der Technik gebracht.
Die technische Auffrischung zeigt sich bis hin zu Details wie den Bedienungselementen: Wo die alten Folientasten der Bildschirme fast durchgescheuert gewesen sind, glänzen jetzt nagelneue Exemplare. Nach und nach, so das Ziel, sollen in diesem Jahr fünf weitere Drucktürme auf den neuesten Stand gebracht werden. Valdo Lehari, Gründungsgeschäftsführer des DNA und Verleger des GEA: »Wir Verleger investieren in die Zukunft. Alle beteiligten Verlage zeigen mit der Investition ihren unbedingten Willen zur Zukunft der gedruckten Zeitung – neben den elektronischen Angeboten. Das Druckzentrum steht aber nicht nur für die Zukunft der Zeitung, sondern im weitesten Sinne für Pressefreiheit und Demokratie.« (GEA)
Zum Unternehmen
Das Druckzentrum Neckar-Alb ist ein Gemeinschaftsunternehmen von sechs Verlagen in der Region Neckar-Alb und produziert die Ausgaben des Reutlinger General-Anzeigers, des Schwäbischen Tagblattes (Tübingen), des Zollern-Alb-Kuriers (Balingen), des Metzinger-Uracher Volksblattes, der Hohenzollerischen Zeitung (Hechingen) und des Zollern-Alb-Kuriers/Schmiecha-Zeitung (Albstadt).