REUTLINGEN. Wer glaubt Justiz ist langweilig, der irrt. Die Fälle mit denen sich die Richter des Reutlinger Sozialgerichts auseinandersetzen müssen sind teilweise ziemlich kurios. Bei der aktuellen Jahrespressekonferenz hat das Gericht heute Einblicke in einige juristische Höhepunkte des vergangenen Jahres gegeben.
One-Night-Stand einer Mutter und die Folgen
Da wäre zum Beispiel die Klage eine Mutter, die nach einem Diskobesuch in einer bayrischen 45.000-Einwohner-Stadt einen One-Night-Stand hatte. Sie wurde schwanger, an den Namen des Vaters erinnert sie sich nicht mehr, Kontaktdaten hat sie auch nicht notiert. Weil Mutter und Kind Grundsicherung vom Jobcenter erhielten und der Vater nicht zu ermitteln war, forderte die Behörde die Mutter auf bei der Unterhaltsvorschusskasse einen Antrag auf Unterhaltsvorschuss zu stellen. Diese lehnte den Antrag ab, mit der Begründung die Mutter habe nicht ausreichend mitgeholfen, den Vater zu ermitteln.
Deshalb versagte das Jobcenter der Mutter einen Teil der Grundsicherung, in der Höhe des in Betracht kommenden Unterhaltsvorschusses von 205 Euro. Daraufhin verklagte die Mutter wiederum das Jobcenter. Vor dem Jobcenter sagte die Mutter, sie habe keine Möglichkeit mehr den Vater zu ermitteln. Trotzdem wiesen die Richter die Klage ab. Nicht weil die Mutter in der Sache unrecht hat, sondern weil sie ihre Ansprüche nicht gegenüber dem Jobcenter sondern gegenüber der Unterhaltsvorschusskasse geltend machen müsse.
Falschem Google-Suchergebnis auf den Leim gegangen
Eine weitere Kuriosität, die das Sozialgericht 2018 beschäftigte, drehte sich um ein Suchergebnis bei Google, das eine Frau um ihr Krankengeld brachte. Weil sie aufgrund einer Erkrankung von ihrem Arzt als arbeitsunfähig eingestuft wurde, schickte sie ihre Bescheinigung an die Geschäftsstelle ihrer Krankenkasse. Die Adresse hatte sie im Internet bei Google gefunden. Leider gab es diese Geschäftsstelle schon seit 2013 nicht mehr. Das Krankengeld blieb also aus.
Die Frau klagte, bekam jedoch nicht Recht. Ihr hätte auffallen können, dass es die Geschäftsstelle nicht mehr gab, urteilten die Richter. Die Liste mit den Suchergebnissen habe auch einen Eintrag mit einem Hinweis auf die Schließung der Filiale enthalten. Die Krankenkasse hätte nur belangt werden können, wenn das zu späte Eintreffen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ihr Fehler gewesen wäre.
Kein Krankengeld, weil Arzt im Urlaub weilte
Auch in diesem Fall geht es um Arbeitsunfähigkeit und Krankengeld. Ein Mann wurde wegen einer Schienbeinverletzung von seinem Arzt bis zum 25. August 2018 als arbeitsunfähig eingestuft. Das war ein Freitag. Als der Mann am Montag darauf beim Arzt anrief und einen Termin vereinbaren wollte, hatte er Pech. Es war der erste Arbeitstag des Arztes nach einem Urlaub, also waren alle Termine vergeben. Erst einen Tag später, am 29. August, bekam der Mann seine Bescheinigung. Doch leider zu spät.
Um weiter Krankengeld zu erhalten, muss die Arbeitsunfähigkeit nahtlos festgestellt werden, argumentierte die Krankenkasse. Dagegen zog der Mann vor Gericht und unterlag. Der Kläger habe nicht alles in seiner Macht stehende getan, um seinen Anspruch auf Krankengeld zu wahren, urteilten die Richter. Es wäre ihm möglich und zumutbar gewesen einen anderen Arzt aufzusuchen. (GEA)