Logo
Aktuell Corona

Die Geschwister streiten, was können Eltern tun?

Zu einer Familie gehören viele Hände. Manche Kinder können aus den verschiedensten Gründen nicht zu Hause aufwachsen. Ihnen gebe
FOTO: DPA Foto: Deutsche Presse Agentur
FOTO: DPA
Foto: Deutsche Presse Agentur

REUTLINGEN. In Corona Zeiten wird ein Thema in der Familien- und Jugendberatung immer wieder stark nachgefragt: Die Geschwister streiten, was können Eltern tun?

Geschwister sind meistens die längste Beziehung, die wir im Leben haben und ein wichtiger Trainingsort, um Streiten, Trösten und Verhandeln, Teilen und Vertragen, Kompromisse schließen und sich entschuldigen zu lernen. So dient der Kinderstreit auch der Übung und nicht als Angriff gegen die Eltern. Und manchmal ist der Streit auch selbst das Spiel, gerade in Zeiten der Langeweile.

Tipps von der Familien- und Jugendberatung

Wann immer möglich, sollten Eltern die Kinder den Streit austragen lassen. Denn meistens finden die Geschwister selber Lösungen, vor allem, wenn Eltern nicht vorschnell Partei ergreifen oder ein bewertendes und kommentierendes Publikum bieten.

Sollte ein Streit allerdings eskalieren, so dass es zu gegenseitigen bedrohlichen oder verletzenden  Angriffen kommt, gilt es sofort energisch und sachlich zu reagieren: »Stopp, Gewalt kommt nicht in Frage« - notfalls müssen die Kinder auch für eine Weile räumlich getrennt werden. Wenn sich die Gemüter wieder ein wenig beruhigt haben, kann man versuchen anzuregen, gemeinsam eine Lösung zu finden. Auch die ganz Kleinen sollten dabei sein, wenn man sich bespricht, um Lösungen zu finden und sich wieder zu versöhnen. Die Konsequenzen eines Streits, zum Beispiel weil etwas zu Bruch gegangen ist, können die Kinder auch gemeinsam tragen, in dem sie gemeinsam beim aufräumen helfen oder die Lieblingssendung für alle gestrichen wird.

Wichtig ist es, darauf zu achten, nicht eines der Kinder grundsätzlich zu bevorzugen. Es dürfen keine dauerhaften Zweifel aufkommen, dass Elternliebe allen Kindern gleich gilt. Allerdings bedeutet gerecht nicht immer, dass jedes das Gleiche bekommt - gerecht ist, wenn jedes Kind das bekommt, was es braucht.

Besonders zu beachten ist es, Kinder nicht gegeneinander auszuspielen, indem ständig verglichen oder eines dem anderen als Vorbild hingestellt wird. Viel schöner ist es für alle, wenn gegenseitige Achtung und Solidarität geübt wird. Sollten Streitereien immer häufiger werden, kann eine Familienkonferenz helfen, um den gemeinsamen Umgang miteinander zu besprechen.

Die Familien- und Jugendberatung rät dazu, nicht bei jedem Geschrei zu den Kindern zu laufen sondern lieber mal dann, wenn die Geschwister gerade schön miteinander spielen. Denn  Kinder wollen vor allem eines: Wahrgenommen werden. Und wenn Eltern ihre Sprösslinge dann besonders gerne wahrnehmen und beachten, wenn sie sich erwünscht und sozial benehmen, wächst die Chance, dass diese sich öfter so benehmen.

Wut und Aggression als Zeichen der Überforderung und Hilfslosigkeit

Dinge kaputtzumachen dient für Kinder meist nur der momentanen Aggressionsabfuhr - Zerstörung bedeutet für Kinder etwas anderes als für Erwachsene: Wenn wir bewusst etwas zerstören, soll es so bleiben, für Kinder zählt der Moment des Affektes, danach soll aber alles wieder gut sein.

Traurigkeit, Hilflosigkeit und Angst erzeugen häufig Wut und Aggression, die zu ungewohnten Ausrastern und heftigen Aussagen führen können. So können sogar »Morddrohungen« von Kindergartenkindern gegenüber dem Geschwisterkind fallen, die Eltern aufhorchen und zuweilen sehr erschrecken lassen.

Kleinen Kindern ist jedoch noch gar nicht bewusst, was Tod und Sterben genau bedeuten. Solche Ausbrüche sind vielmehr ein Zeichen von momentaner Überforderung und Hilflosigkeit. Geschwisterkinder, die sich gerade nicht gesehen fühlen, wissen sich oft nicht anders zu helfen, um die Zuwendung zu bekommen, die sie gerade brauchen. Da sind drastische Worte  oder Handlungen  meistens ein schlagartiges und wirksames Mittel, die Eltern auf sich aufmerksam zu machen. Wenn diese schimpfen, ist das für das Kind fürs erste manchmal besser, als gar nicht gesehen zu werden.

Gerade nach so einem Ausbruch benötigen Kinder liebevolle Zuwendung und die Versicherung, genauso geliebt zu werden wie die Geschwister. Es sollten gemeinsam Ideen entwickelt werden, wie das Kind auf gute Weise darauf aufmerksam machen kann, dass ihm etwas fehlt.

Hier sind kleine Rituale Gold wert, wie z.B. versöhnliche Bettkantengespräche oder fest vereinbarte Zeiten mit Elternteil und einem Kind alleine.

Grenzen und Rückzugsmöglichkeiten

Grenzen angemessen zu ziehen oder auch manchmal einzusehen, dass gewisse Dinge einander ausschließen - zum Beispiel hochkonzentriertes Homeoffice und die Betreuung kleiner Kinder - ist nicht nur in Zeiten der Pandemie für alle eine echte Herausforderung.

Oft bleibt zu wenig Platz für Rückzug und Regeneration der einzelnen Personen. Es müssen in dieser Zeit neue Regeln, aber auch Erholungsmöglichkeiten besprochen und entwickelt werden. So kann es schon helfen, bei einer Tasse Tee über die verschiedenen Bedürfnisse zu sprechen.

Kontakte pflegen und Bewegung ermöglichen

Wichtig ist es, den Kindern zu ermöglichen, mit ihren Freundinnen und Freunden aus der Schule oder auch anderen wichtigen Personen aus der Freizeit Kontakt zu halten. Über Videochat und Telefon oder über Briefe, Postkarten und Päckchen können Freundschaften auch aus der Ferne gepflegt werden. Darüber hinaus sind auch Bewegung und viel Zeit an der frischen Luft gerade jetzt besonders wichtig für die Kinder.

Für persönliche Gespräche und weitere Tipps rund um das Thema Familie und Erziehung, stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Familien- und Jugendberatung des Landkreises Reutlingen gerne zur Verfügung.

Familientelefon der Familien- und Jugendberatung

Mo bis Do 9 bis 12 Uhr / 14 bis 16 Uhr

Fr 9 bis12 Uhr

Familien- und Jugendberatung Alb in Münsingen: 07381-92 95 60

familienberatung.muensingen@kreis-reutlingen.de

Familien- und Jugendberatung Ermstal in Dettingen: 07123-72 68 60

familienberatung.dettingen@kreis-reutlingen.de

Familien- und Jugendberatung Reutlingen: 07121-947 90 60

familienberatung.reutlingen@kreis-reutlingen.de