REUTLINGEN. Pro Labore ist dieses Jahr umgezogen. Vom Standort in Betzingen in der Rainlenstraße ins Reutlinger Industriegebiet Mark-West in die Täleswiesenstraße. Marc Beuter, seit 2019 Schreinermeister bei Pro Labore, erklärt, dass am alten Betzinger Standort Renovierungen und Modernisierungen notwendig gewesen wären. Die anstehenden Investitionen waren verbunden mit der Frage, wie der Betrieb während der Sanierung weiterlaufen könnte, sagt Brigitte Stotz, die als Sozialarbeiterin bei dem sozialen Beschäftigungsträger die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der diversen Maßnahmen betreut.
»Wir haben jetzt einen eigenen Schulungsraum, einen Sozialraum für Beratungen, Nachhilfe und Deutschunterricht«, so Stotz. Insgesamt habe sich Pro Labore mit dem neuen Standort zwar ein wenig verkleinert, »aber wir können den Raum hier sinnvoller nutzen, drüben hatten wir zu viel Luft«, so Beuter. Die Täleswiesenstraße sei sehr gut mit dem ÖPNV erreichbar. Was sich nicht verändert hat: »Wir versuchen nach wie vor, marktorientiert auszubilden«, betont der Schreinermeister. Der Ausbildungsbereich der Zimmerei musste allerdings aufgegeben werden, weil vom Jobcenter kaum noch Interessenten vermittelt wurden.
Interesse hat nachgelassen
In den Corona-Monaten kamen deutlich weniger Ausbildungswillige bei Pro Labore an. Sowohl Interessierte für eine Umschulung als Maler oder Schreiner wie auch sogenannte Arbeitsgelegenheiten (AGH) seien momentan schwach nachgefragt. Und das, obwohl diese Maßnahmen richtig gute Möglichkeiten seien, um sich betreut und mit Unterstützung wieder an den Arbeitsalltag gewöhnen zu können. Einen Haken hat die Angelegenheit allerdings: Für die Maler- oder Schreinerausbildung (als vom Jobcenter oder der Agentur für Arbeit finanzierte Umschulung) gibt es nur zwei bis maximal 2,5 Jahre Geld. »Unsere Umschüler steigen also gleich ins zweite Lehrjahr ein«, sagt Beuter. Das sei schwierig, weil die Klientel eigentlich mehr und nicht weniger Zeit bräuchte. »Wer zu uns kommt, ist keine 15 oder meist auch keine 20 mehr und hat erst recht spät gemerkt, dass mit dem eigenen Leben etwas nicht stimmt«, so Beuter. Doch genau für diese Klientel sei Pro Labore genau das richtige Unternehmen, denn: Bei Schwierigkeiten mit der Sprache, mit dem Aufstehen, bei Schulden, Sucht, Familienproblemen oder in der Berufsschule helfen Brigitte Stotz und die anderen Mitarbeiter von Pro Labore. In anderen Firmen sei das gar nicht möglich, sich so intensiv um die Beschäftigten zu kümmern.
Aufträge von Kunden
Und Pro Labore macht noch mehr: So hat das Beschäftigungsunternehmen etwa den Zuschlag für das Projekt »BeJuga – Beschäftigungsförderung und Jugendhilfe gemeinsam anpacken – Tandem III« vom Wirtschaftsministerium erhalten – »wir unterstützen und stabilisieren dabei die ganze Familie«, sagt die Sozialpädagogin. Klar sei nämlich: Wenn zu Hause die Hütte brennt, wenn Beziehungs-, Geld- oder sonstige Probleme die Aufmerksamkeit von Beschäftigten in Beschlag nimmt, »dann klinkt sich die jeweilige Person irgendwann aus«, so Stotz. Pro Labore unterstützt in diesem Projekt bis zu 15 Familien. Ein Beispiel: »Ein Vater macht hier bei uns einen Grundlagenkurs im Bereich Holz und Farbe, er soll jetzt sein Deutsch verbessern, damit er eine Ausbildung machen kann«, sagt Brigitte Stotz. »Das große Ziel dahinter heißt nicht nur, dass der Vater seine Familie ernähren kann, sondern auch, dass seine Kinder aus der Armut herauskommen.«
Pro Labore nimmt außerdem Kundenaufträge an. »Wir fertigen Möbel, gehen mit unseren Leuten auf Baustellen und erledigen Malerarbeiten.« (GEA)