REUTLINGEN/PFULLINGEN. Manchen Autofahrer, der am Dienstag in die Reutlinger Innenstadt fahren wollte, hat wahrscheinlich früher oder später die reine Verzweiflung gepackt. Den ganzen Vormittag über ging verkehrstechnisch nicht mehr viel. Für Strecken, für die man normalerweise rund eine Viertelstunde benötigt, musste man sich nun eine Stunde lang im Auto in Geduld üben. Auch der komplette Nachmittag war von Staus und stockendem Verkehr geprägt. Ursache allen Übels: Zwei automatische Sperrungen des Scheibengipfeltunnels.
Auf der Bundesstraße 313 aus Richtung Metzingen kommend erwischte es am Morgen die Berufspendler kalt. Dort ging’s kaum noch voran, auch die Karlstraße war stadteinwärts mit Autos verstopft. Wer sich pfiffig fühlte und versuchte, über die Stadtautobahn auf den AOK-Knoten auszuweichen, wurde nicht belohnt: Auch die Lederstraße war komplett voller Autos. Der Verkehr staute sich auf der Konrad-Adenauer-Straße bis zur Jet-Tankstelle. Auch die Kreuzung am AOK-Knoten war mehrfach verstopft. Aus Richtung Pfullingen kommend gab es ebenfalls enorme Verkehrsbehinderungen. Auf einen Schlag wurde an diesem Dienstagmorgen ersichtlich, wie stark der Tunnel die Stadt vom Verkehr entlastet. Doch wie konnte es zu diesem Chaos kommen?
Sensoren lösen direkt wieder aus
Um 5.54 Uhr löste die automatische Sperrung des Scheibengipfeltunnels zum ersten Mal aus, Sensoren in der Röhre hatten angeschlagen. Innerhalb der nächsten zwei Stunden lösten die Sensoren weitere zwei Mal aus, das zeigen Einsatzberichte auf der Homepage der Eninger Feuerwehr. Es gibt Sensoren für Kaltrauch, welche für Sichttrübung und welche für CO-Messung im Tunnel so Frank Söll, Abteilungsleiter Bau und Betrieb im Kreisstraßenbauamt. »Für alle Sensoren im Tunnel sind standardisierte Grenzwerte festgelegt.« Wenn diese Grenzwerte überstiegen werden oder zu abrupt ansteigen, dann reagiert die verbaute Technik, es kommt zur Sperrung. »Bevor die Ursache behoben ist, kann der Tunnel nicht für den Verkehr freigegeben werden«, so Söll. Allesamt handelte es sich um Fehlalarme, Feuerwehren, DRK und Malteser rückten aber jedes Mal an.
Mitarbeiter des Landratsamts und externe Experten machten sich direkt am Dienstagmorgen an die Reinigung der einzelnen Sensoren, die angeschlagen hatten. Zur Mittagszeit wurde der Tunnel freigegeben – doch nur eine halbe Stunde später löste die Sperrung wieder aus.
»Erneut hatten Sensoren angeschlagen«, so Söll. Nun blieb ihm und seinem Team nichts anderes übrig, als wirklich alle im Tunnel verbauten Sensoren zu reinigen. »Und bei 1 910 Metern Tunnellänge dauert das eben eine Weile«, bilanziert er am Abend. Gegen 20 Uhr konnte die Röhre schließlich wieder freigegeben werden.
Der Dienstag hat gezeigt, wie eine einzige Tunnelsperrung Reutlingen verkehrstechnisch nahezu lahmlegen kann. »Das wird von uns natürlich kritisch nachbereitet«, betont Frank Söll. Viel Handlungsspielraum sieht er aber nicht: »Das sind eben landesweite Standards für die Grenzwerte im Tunnel. Die können wir nicht einfach ändern.« Außerdem handle es sich ja auch um Sicherheitsstandards.
Zudem noch ein Unfall
Zusätzlich zur Tunnelsperrung kam es in den frühen Morgenstunden des Dienstags auch noch zu einem Auffahrunfall auf der B 313. Aus Fahrtrichtung Metzingen kommend krachte gegen 7 Uhr ein Auto mit einem 48-jährigen Fahrer in den Wagen eines 24-jährigen Mannes. Niemand wurde verletzt, so die Polizei. Allerdings mussten beide Fahrzeuge abgeschleppt werden. Das verschärfte die angespannte Verkehrslage weiter. (GEA)