KREIS REUTLINGEN/KREIS TÜBINGEN. Erwartungsgemäß kam es in der Ferienzeit zu einem saisonbedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit. Zudem bleiben auch die Auswirkungen des Übergangs Geflüchteter aus der Ukraine in die Betreuung durch die Jobcenter deutlich spürbar. Die Zunahme um 858 Arbeitslose ist jedoch selbst für diese Jahreszeit verhältnismäßig hoch. »Der größte Zuwachs ist konjunkturbedingt und es handelt sich bei den meisten Zugängen in Arbeitslosigkeit um Erwerbspersonen mittleren Alters.«
»Saisonbedingt ist zudem ein leichter Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit sichtbar«, so Oliver Kerl, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Reutlingen. »Auffällig sind auch die steigenden Anfragen zu Kurzarbeitergeld in der Agentur für Arbeit Reutlingen.«
Stimmung getrübt
In Baden-Württemberg ist die Arbeitslosenquote durch den primär saisonbedingten Anstieg der Arbeitslosigkeit von 3,8 Prozent im Vormonat auf 4,1 Prozent angestiegen. Die Stimmung in den deutschen Unternehmen ist weiterhin eher getrübt. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist im August auf 85,7 Punkte gefallen, nach 87,4 Punkten im Juli. Das ist der vierte Rückgang in Folge. Die Unternehmen blicken pessimistisch auf die kommenden Monate. In nahezu allen Wirtschaftssektoren ist der Index gesunken.
Im Dienstleistungsgewerbe geht die bisherige Talfahrt weiter. Die Unternehmen zeigen sich hier besonders unzufrieden. Auch der Logistik und Transportbereich vermelden deutliche Rückgänge. Es herrscht weiterhin Pessimismus für die Zukunft.
Weniger Aufträge
Für Auftrieb sorgten in den letzten Monaten vor allem großvolumige Bestellungen, die im Zeitverlauf deutlich schwanken können. Der Auftragseingang ohne Großaufträge im Juni ist um 2,6 Prozent gesunken. Vor allem mittelständische Unternehmen verzeichnen weniger Aufträge. Die Aussichten für die nächsten Monate sind eher getrübt.
Die Zahl der offenen Stellen sinkt und die Einstellungsbereitschaft der Arbeitgeber hat deutlich abgenommen. »Der spürbare Anstieg der Arbeitslosigkeit im Juni war untypisch. Das sind Hinweise darauf, dass die Wirtschaft derzeit weniger optimistisch ist, dass sich die Lage in den nächsten Monaten bessern wird.«
»Die Rezession hinterlässt also auch am Arbeitsmarkt Spuren. Im internationalen Vergleich hält sich der deutsche Arbeitsmarkt aber gut. Das liegt daran, dass viele Unternehmen wegen der Sorge, in Zukunft keine Fachkräfte mehr zu finden, ihre Mitarbeiter halten wollen«, so Andrea Nahles, Vorstandsvorsitzende der Agentur für Arbeit.
Ungelernte Arbeitskräfte werden es künftig noch schwerer haben, sich auf dem Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Arbeitslosenquote von Ungelernten liegt bundesweit bei 19,8 Prozent, die von Menschen mit Berufsausbildung dagegen bei 2,8 Prozent. Drei von fünf der knapp eine Million Langzeitarbeitslosen haben keine berufliche Qualifikation. Menschen die keinen Berufsabschluss haben, werden es weiterhin schwerer haben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu finden.
Unbesetzte Lehrstellen
Andreas Nahles appelliert vor allem an die jungen Menschen, die noch keine Ausbildungsstelle haben, dass es für dieses Ausbildungsjahr noch immer unbesetzte Lehrstellen gibt. Deren Zahl ist weiterhin ungewöhnlich hoch. Die Arbeitgeber sollten sich auch für nicht ideal passende Kandidatinnen und Kandidaten öffnen.
Dem Arbeitgeber-Service der Agentur für Arbeit wurden im Juli exakt 683 Stellenangebote neu gemeldet. Der Gesamtbestand liegt nun bei insgesamt 3.747 Stellenangeboten. (GEA)