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AOK: Zehntausende im Kreis Reutlingen depressiv

Der Gesundheitsatlas Deutschland offenbart: Menschen im Landkreis Reutlingen leiden verstärkt unter psychischen Störungen. Noch schlechter sieht es im Zollernalbkreis aus.

Depression
Die Krisen der Zeit hinterlassen Spuren bei der seelischen Gesundheit von vielen Menschen, auch im Kreis Reutlingen. (Symbolbild) Foto: Sina Schuldt
Die Krisen der Zeit hinterlassen Spuren bei der seelischen Gesundheit von vielen Menschen, auch im Kreis Reutlingen. (Symbolbild)
Foto: Sina Schuldt

KREIS REUTLINGEN. Laut aktuellem »Gesundheitsatlas Deutschland« des Wissenschaftlichen Instituts der Krankenkasse AOK (WIdO) waren im Jahr 2022 im Landkreis Reutlingen 12,67 Prozent der Bevölkerung an Depressionen erkrankt. Das entspricht 29.730 Menschen. Ihr Anteil ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Damit liegt Reutlingen über dem Landesschnitt von 12,15 Prozent und auch über dem Bundesschnitt von 12,5 Prozent. Der Nachbarkreis Tübingen kann eine leicht bessere Depressions-Quote von 11,41 Prozent der Bevölkerung verbuchen, wohingegen der Zollernalbkreis mit 14,72 Prozent sehr viel schlechter abschneidet.

»Es gibt Anzeichen dafür, dass die Zunahme der Krankheitsfälle durch einen hohen Anstieg unter den Jüngeren und einen leichten Anstieg unter den Älteren geprägt ist. Dabei sind jedoch insgesamt viel mehr ältere Menschen von Depressionen betroffen«, sagt Marion Rostam, Geschäftsführerin der AOK Neckar-Alb. »Die Zahlen spiegeln wider, dass junge und ältere Menschen die besonders gefährdeten Gruppen in der Corona-Pandemie waren. Einsamkeit ist ein Risikofaktor für das Entstehen einer Depression, und besonders Menschen in hohem Alter waren in Pandemiezeiten häufig isoliert.«

Corona-Pandemie sorgte bei jungen und älteren Menschen für Depressionen

Laut Gesundheitsatlas sind in allen Altersgruppen Frauen häufiger betroffen als Männer. Bei den 60- bis 64-Jährigen sind mehr als jede fünfte Frau und fast jeder sechste Mann betroffen. In den Altersklassen zwischen 65 und 74 Jahren ist dann ein leichter Rückgang zu verzeichnen. Nach diesem »Knick« steigt die Anzahl der Krankheitsfälle (Prävalenz) jedoch weiter deutlich an. Der Prävalenzgipfel wird bei den 80- bis 84-jährigen Frauen mit 27,7 Prozent erreicht. Bei den Männern wird die höchste Prävalenz mit 17,6 Prozent in der Altersgruppe ab 90 Jahren gemessen.

Der aktuelle Gesundheitsatlas analysiert auch die regionale Verteilung der Erkrankung. Danach gibt es in Baden-Württemberg im Main-Tauber-Kreis mit 15,10 Prozent die meisten Menschen mit Depressions-Diagnose, gleich gefolgt vom Zollernalbkreis mit 14,72 Prozent. Dagegen ist mit einem Anteil von 8,43 Prozent die Bevölkerung in Heidelberg am wenigsten depressiv.

Situation im Zollernalbkreis deutlich schlechter

Die Bedeutung der Erkrankung zeigt sich auch bei den volkswirtschaftlichen Kosten, die im Gesundheitsatlas Deutschland analysiert werden. Das WIdO hat für ganz Deutschland Produktions-Ausfallkosten in Höhe von 6,9 Milliarden Euro durch Depressionen errechnet, was einen Anteil von 7,7 Prozent an den gesamten volkswirtschaftlichen Kosten durch Arbeitsunfähigkeit bedeutet.

»Für den Kreis Reutlingen kann ich sagen, dass wir für das Jahr 2022 4,3 Arbeitsunfähigkeitsfälle wegen Depression pro 100 AOK-Versicherte Beschäftigte verzeichnet haben. Im Vergleich zu anderen Erkrankungen fehlten die Betroffenen überdurchschnittlich lange am Arbeitsplatz – in Reutlingen 40 Tage im Schnitt. Das sind relevante Kosten, die durch diese Fehlzeit für jedes einzelne Unternehmen entstehen.«

Auch Betriebe sind aufgefordert zu helfen

Die AOK-Geschäftsführerin hält deshalb – unabhängig davon, welchen Einfluss gerade auch berufliche Belastungen auf die Entstehung einer Depression haben – Instrumente wie Fehlzeiten-Analyse oder Befragungen zur Gesundheit der Mitarbeitenden für absolut notwendig, um im eigenen Unternehmen die Bedeutung der Erkrankung zu erkennen. »Angesichts des Fachkräftemangels kommt dem betrieblichen Eingliederungsmanagement nach einer Depression eine wichtige Rolle zu.« (eg/GEA) 

www.gesundheitsatlas-deutschland.de