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AOK Neckar-Alb bilanziert Pandemie-Jahr: Rückgriff auf Rücklagen

Sorge um Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung

Die Krankenkassenkarte der AOK-Versicherung.
Die Krankenkassenkarte der AOK-Versicherung. Foto: FOTO: DPA
Die Krankenkassenkarte der AOK-Versicherung.
Foto: FOTO: DPA

REUTLINGEN. Auch für die gesetzlichen Krankenkassen seien coronabedingt viele zusätzliche Aufgaben hinzugekommen, bilanziert Klaus Knoll, Geschäftsführer der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Neckar-Alb, das abgelaufene Corona-Jahr. Die AOK betreut nach eigenen Angaben in der gesamten Region Neckar-Alb 380 465 Versicherte (Stand Dezember 2020).

»Wir registrieren in Pandemiezeiten einen erhöhten Informationsbedarf bei unseren Versicherten, weil zu vielen Themen eine große Verunsicherung herrscht«, so Klaus Knoll. Im Lockdown erhalte die zentrale AOK-Service-Hotline 25 Prozent mehr Anrufe. »Es gab eine Menge Gesetzesänderungen und Verordnungen, die uns betroffen haben. Zum Beispiel die Corona-Teststrategie, die sich monatlich geändert hat.« Genauso habe es viele Rettungsschirme im vergangenen Jahr gegeben, etwa im Bereich Pflege, Rehabilitation und Krankenhaus, die zu bezahlen und dementsprechend intern zu organisieren waren, so Knoll. Auch Kurzarbeit und Stundung der Beiträge seien zentrale Themen für AOK-Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um AOK-Firmenkunden kümmern.

Deutlicher Rückgang

Festgestellt worden sei auch, dass sich die Arbeitsunfähigkeits-Daten für die Region seit dem ersten Lockdown verändert hätten. Vergleiche man die Daten ab Mitte März 2020 mit den Vorjahren 2017 bis 2019, sei ein deutlicher Rückgang von bis zu 43 Prozent der typischen Infektionskrankheiten zu sehen. »Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer waren also wegen Erkältungsdiagnosen oder Magen-Darm-Erkrankungen sehr viel weniger krankgeschrieben. Das ist sicherlich den pandemiebedingten Hygienemaßnahmen geschuldet und zeigt, dass Maske tragen, Abstand halten oder mehr Homeoffice auch bei anderen Krankheiten wirkt.« Auffällig, so Knoll, sei auch der Rückgang um 19 Prozent bei orthopädischen Diagnosen wie Handgelenksverletzungen, Verletzungen der Knöchelregion und des Fußes oder der Schulter. »Ursache hierfür könnte sein, dass durch Corona weniger Freizeit- und Vereinssport getrieben wurde und also Verletzungen hierbei ausgeblieben sind.«

Dass Corona die Krankenkassen finanziell belastet, bestätigt Klaus Knoll. So hat ein Großteil der gesetzlichen Krankenkassen ihre Beiträge bereits erhöht. Von der Bundesregierung sei ein Maßnahmenpaket verabschiedet worden, um das Defizit von mehr als 16 Milliarden Euro, das durch die finanziellen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und den jüngst verabschiedeten kostenträchtigen Gesetzen im Gesundheitswesen entstanden ist, zu finanzieren. »Darin enthalten ist unter anderem ein Rückgriff auf die Rücklagen der Krankenkassen in Höhe von acht Milliarden Euro.« Für die AOK Baden-Württemberg bedeute das konkret, dass sie über 600 Millionen Euro aus ihren Reserven zur Deckung der Finanzlücke abliefern müsse.

»Diese Gelder könnten wir jetzt nicht mehr – wie ursprünglich geplant – für eine qualitätsgesicherte exzellente Versorgung unserer Versicherten und für einen längerfristig stabilen Zusatzbeitragssatz einsetzen. Vielmehr werden wir jetzt für unser verantwortungsvolles und vorausschauendes Handeln bestraft«, so Klaus Knoll, der sich »große Sorgen« macht über die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung in den kommenden Jahren. »Wenn die Politik nicht spätestens direkt nach der Bundestagswahl dringend notwendige Steuerungsmaßnahmen ergreift, prognostiziere ich für das Jahr 2022 eine Verdoppelung der Zusatzbeitragssätze auf ein Niveau von etwa 2,5 Prozent über alle Krankenkassen hinweg.« (eg)