TROCHTELFINGEN/GAMMERTINGEN. An das Ende der Inflation im Deutschen Reich Ende 1923 erinnert der Briefmarkensammlerverein Trochtelfingen-Gammertingen anlässlich des Tags der Briefmarke am 21. Oktober in diesem Artikel und bildet die Zeitläufte anhand von Briefmarken ab.
Die Hintergründe für die Inflation kann man heute den Geschichtsbüchern entnehmen: Die immensen Kosten, die der Erste Weltkrieg verursachte, gehören dazu, ebenso die geschwächte deutsche Wirtschaft und die vom Versailler Vertrag auferlegten Reparationsforderungen der Alliierten. Die Staatsschulden wuchsen, die Inflation wurde befeuert. Eine gute Möglichkeit, die Zeit der Inflation bildlich darzustellen, bietet die Philatelie. Sowohl die Nominalen der Briefmarken wie auch die Frankaturen von Briefen und Karten aus dieser Zeit zeigen deutlich den Wertverlust der Währung auf.
27 Portoperioden
Nach einer Analyse des Inflationspost-Experten Harald Mürmann im Magazin Philatelie des Bundes Deutscher Philatelisten lassen sich für den Zeitraum vom 1. Juli 1906 bis zum 31. Dezember 1923 insgesamt 27 Portoperioden feststellen. Das sind die Zeiträume, die eine Anpassung der Postgebühren aufgrund der Geldentwertung erforderlich machten.
Die Periode 1, die bis Mitte 1916 anhielt, war anfangs noch stabil, geriet dann aber doch in den Sog der wirtschaftlichen Kriegsauswirkungen. Die philatelistische Inflation beginnt mit der politischen Einführung der »Außerordentlichen Reichsabgabe« und dem Inkrafttreten der Portoperiode 2 ab 1. August 1916. Mit dem zunehmenden Verfall der Mark wurden die Portoperioden kürzer. Von 1916 bis 1921 gab es fünf Perioden, die gleiche Anzahl gab es dann allein im Jahr 1922. Und das Jahr 1923 glänzte mit 15 Portoperioden, von denen die letzten fünf alle auf den Monat November entfielen. Die kürzeste Periode dauerte nur vier Tage vom 1. bis 4. November 1923.
Vom 26. bis 30. November 1923 (Periode 26) verkaufte die Reichspost die Marken zum Vierfachen des Nennwertes am Schalter. Eine Marke zu 10 Milliarden kostete dann also 40 Milliarden. Wenn aber eine vor dem 26. November gekaufte 10-Milliarden-Marke verklebt wurde, musste die Reichspost diese als 40-Milliarden-Frankatur anerkennen. Für das »Ersparte« konnte man sich allerdings zu der Zeit noch nicht mal mehr ein Ei kaufen. Diese Belege aus der Portoperiode 26 werden in der Philatelie als Novemberbriefe bezeichnet.
Tarifgerecht frankiert mit viermal 10 Milliarden Mark in Grüngelb/Olivgrün war daher ein Einschreibebrief von Inneringen nach Gammertingen vom 29. November 1923 für 160 Milliarden Mark Gebühren: 80 Milliarden Mark Briefgebühr für Fernbrief bis 20 Gramm und 80 Milliarden Mark Einschreibegebühr. Um die fortlaufende Entwertung der Mark zu beenden, wurde am 15. Oktober 1923 die Deutsche Rentenbank gegründet. Für die neue Rentenmark wurde im November ein Umrechnungskurs von 4,2 Billionen Papiermark zum US-Dollar festgelegt. Somit erhielt man für eine Billion Papiermark den Gegenwert einer Rentenmark. Diese Festlegung, die die Inflation aus ökonomischer Sicht beendete, war Ursache für die zweite philatelistische Besonderheit. Mit der Portoperiode 27 (1. bis 31. Dezember 1923) versuchte man, die Tarife an die Zeit vor dem Krieg anzupassen. Ab 1. Dezember 1923 waren an den Postschaltern Marken mit Rentenmark-Nominale vorhanden. Der Verkauf von Inflationsmarken wurde eingestellt. Sie blieben aber bis zum 31. Dezember 1923 gültig und konnten auch gemischt mit Rentenmark-Ausgaben verwendet werden. Die Mischfrankaturen sind als Übergangsfrankaturen ebenso gesucht wie die ausschließlich mit Inflationsmarken frankierten Briefe, die als Dezemberbriefe bezeichnet werden.
Mit einer solchen Markenmischung ist eine Drucksache von Haigerloch nach Kups/Bayern Oberfranken vom 1. Dezember 1923 frankiert: mit einer Marke zu 20 Milliarden Mark in Opalgrün/Braun und einer zu 10 Milliarden Mark in Grüngelb/Olivgrün, tarifgerecht bis 50 Gramm.
Zum Jahresende 1923 ging auch die philateliebezogene Inflation zu Ende, auch wenn die Portostufen der 27. Portoperiode über den 1. Januar 1924 hinaus Bestand hatten. (eg)