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Was GEA-Redakteurin Claudia Hailfinger auf ihrer Weltreise erlebt

Claudia Hailfinger, jahrelang Lokalredakteurin beim GEA, zuerst in Mössingen, dann in Pfullingen, hat im November 2021 ihren Stift gegen einen Rucksack, ihr Zuhause gegen das Unterwegssein getauscht. In unregelmäßigen Abständen berichtet sie hier über ihre Weltreise.

Claudia Hailfinger in einer Cabaña an der Pazifikküste in Guatemala.  FOTO: PRIVAT
GEA-Redakteurin Claudia Hailfinger in einer Cabaña an der Pazifikküste in Guatemala. Foto: Claudia Hailfinger
GEA-Redakteurin Claudia Hailfinger in einer Cabaña an der Pazifikküste in Guatemala.
Foto: Claudia Hailfinger

»Large und heavy«, »groß und schwer«, stellt der junge Mann stöhnend fest, als er meinen Rucksack auf das Deck eines der kleinen Boote hievt, die am See Atitlán in Guatemala als Wassertaxis zwischen den Dörfern dienen. »It’s your home«, schlussfolgert er lachend. So ist es. Wie ein Schneckenhaus schleppe ich Hab und Gut seit nun gut sechs Wochen durch die Gegend – seit der GEA-Schreibtisch in Pfullingen für die lang ersehnte Weltreise geräumt wurde. Und selbst wenn dieses Zuhause im Vergleich zu dem, das in der Heimat aufgegeben wurde, ein Klacks ist – 17 Kilo sind viel.

Nicht ganz leicht ist es auch, ins Dauerreisen reinzufinden. Gar nicht schneckengleich wird beim Start in Mexiko alle paar Tage die nächste Route geplant, ein neues Domizil bezogen, ein weiterer Ort erkundet. Das strengt an. Zumal nicht nur der Rucksack schwer schnaufen lässt: Da wäre die Zeitumstellung von sieben Stunden, das dünne Klopapier, das nicht ins Klo darf, der üble Geruch, der aus den Untiefen des Waschbeckens strömt, das frittierte Essen über dem unweigerlich Mayo, Käse- oder Chilisoße landet, die Riesenspinne im Zimmereck oder die Tatsache, dass gefühlt jedes Taxi die Nichthiesige – eine potenzielle Kundin – anhupt. Schwer schlucken lässt der Anblick der Hunde, die bereits steif geworden bei sengender Hitze am Straßenrand alle viere von sich strecken oder der Hühner, die mit zerstochener Kehle kopfüber über den Theken der Straßenhändler hängen. Auf- und hinnehmen.

Und was ist eigentlich aus meiner Privatsphäre geworden? Im Schlafraum, im Bad, in der Küche – überall sind Leute – und sie stellen gleich die ganz großen Fragen: Woher kommst du? Wo gehst du hin? Biografien im Kurzformat wandern hin und her. Kaum kennengelernt, schon wieder weg.

Tempo gedrosselt

Im zweiten Land wird das Tempo gedrosselt – durch Guatemala geht es im Wochentakt. Andere Langzeitreisende kreuzen den Weg. Gedanken und Beweggründe zum Unterwegssein werden ausgetauscht – Impulse fürs Leben und für die Reiseroute mitgenommen.

Nicht mehr verloren geht auch all das Gesehene und Erlebte: unterirdische Wasserlöcher, Lava speiende Vulkane und karibische Strände; Krokodile am Flussufer, Sonnenaufgang auf 4 000 Metern, mystische Kirchenriten; Frauen in bunter Tracht mit stolzem Gang, Männer mit Cowboyhüten und wenigen Zähnen; skeptische Blicke in kleinen Dörfern, freundliches »Que buscas?«, wenn der große Rucksack mit der Frau vorne dran durch die Gassen irrt.

Was ich suche? Erst mal einen ruhigen Ort. Um das Gewicht von den Schultern und Zeit zum Verarbeiten zu nehmen. Neues gesucht, Neues gefunden. Das ist toll! Es belebt und bewegt. Und es fordert.

Das ruhige Plätzchen wurde übrigens eine Cabaña am Pazifik – Holzhäuschen mit Palmendach. Kein Wlan, aber ein Surfbrett. Pelikane segeln entlang der Wellengischt, die Strömung zerrt an den Knöcheln und der heiße Glitzersand hinterlässt schwarze Pünktchen in der weißen Seife. Das ist groß – und so leicht. Die Reise kann weitergehen. (GEA)