BAD URACH. Jede Woche lässt sich Stephanie Föll im Seniorenzentrum Herzog Christoph in Bad Urach auf Covid-19 testen, bevor sie ihre beiden 91 und 89 Jahre alten Großmütter besuchen kann. Doch diesmal ist es anders als sonst. Statt einer Pflegekraft nimmt ein junger Mann in Uniform die 35-Jährige aus Reutlingen in Empfang: Seine Kleidung verrät den Bundeswehrsoldaten. Martin Günther und sein Kamerad Jan Fringer von der Panzerpionierkompanie 550 in Stetten am Kalten Markt testen seit Kurzem Besucher und Mitarbeiter der Pflegeeinrichtungen der Bruderhaus-Diakonie – sieben Tage pro Woche von 8 bis 16 Uhr. Noch bis zum 17. Februar.
»Sie können den Mundschutz jetzt abnehmen.« Geübt führt Martin Günther das Wattestäbchen in die Nase der Besucherin, bevor er den Abstrich in die Kontaktlösung hält. »War’s schlimm?«, fragt er. »Nein, gar nicht«, antwortet Stephanie Föll. Fünfzehn Minuten später hat sie Gewissheit: Der Antigen-Schnelltest ist negativ. Dem Besuch bei den Großmüttern steht nichts mehr im Weg.
Neugierig steuert ein weißhaariger Mann seinen Rollator Richtung Testzentrum. »Guten Morgen«, ruft Martin Günther und winkt. Der 36-jährige Gruppenführer eines Transportpanzers findet es »schön, dass wir hier helfen dürfen und der Bevölkerung zeigen können, dass wir für sie da sind«. Beide Soldaten haben Erfahrung mit zivilen Hilfsmaßnahmen. Günther engagiert sich seit vielen Jahren beim Roten Kreuz und bei der Feuerwehr. Der Zeitsoldat Jan Fringer hat ein Praktikum im Pflegeheim absolviert. »Immer wieder ergeben sich Gespräche mit Bewohnern, die selbst bei der Bundeswehr waren«, freut sich der 28-jährige Fringer, der in Bad Urach die Tests auswertet. »Alles wunderbar«, sagt er und drückt einem wartenden Besucher das Antigen-Schnelltest-Zertifikat in die Hand. 48 Stunden ist es gültig, danach muss wieder getestet werden.
Viele Angehörige nehmen das tägliche Test-Angebot gerne wahr, berichtet Susanne Aeckerle. Die Leiterin des Seniorenzentrums Herzog Christoph ist voll des Lobes für die ungewohnte Hilfe der Bundeswehrsoldaten. »Absolut erleichternd« sei deren Einsatz für die Pflegekräfte. Neben Angehörigen und Besuchern müssten schließlich über 150 Mitarbeiter der beiden Bad Uracher Altenpflegeheime der Bruderhaus-Diakonie dreimal pro Woche getestet werden. Zudem sorgten die Soldaten mit ihrer freundlichen, offenen Art für gute Stimmung im Haus. Wie zur Bestätigung erklingt fröhliche Musik aus dem Aufenthaltsraum. »Schlagerparade«, meint Martin Günther. »Die Bewohner mögen das.«
»Für uns sind die Soldaten ein besonderer Segen«, erklärt Thomas Stäbler, der Fachbereichsleiter der Altenhilfe Ermstal/Alb in der Region Reutlingen. »Sie entlasten unsere Pflegekräfte von den aufwendigen Testungen und werden von den Angehörigen sehr gut angenommen.«
»Für uns sind die beiden Soldaten ein besonderer Segen«
Insgesamt sind derzeit zwanzig Soldaten in 31 Pflegeheimen im Landkreis Reutlingen im Einsatz – unter anderem in neun Einrichtungen der Bruderhaus-Diakonie in Reutlingen, Bad Urach, Münsingen, Pliezhausen und Walddorfhäslach. Koordiniert wird der Einsatz von Oberstleutnant Rüdiger Rudischhauser vom Kreisverbindungskommando der Bundeswehr in Reutlingen. »Wir sind das Bindeglied zwischen Landkreis, Sicherheitskräften, Feuerwehr, DRK und Katastrophenschutz«, erläutert Rudischhauser. »Für uns ist das ein hundertprozentig sinnvoller Einsatz. Es ist wichtig, dass ältere Menschen möglichst oft Besuch erhalten können«, sagt der Oberstleutnant. (kw)