METZINGEN-GLEMS. Das GEA-Mobil hat gestern Station in der Ortsmitte des Metzinger Ortsteils Glems gemacht. Die Redakteure sprachen dabei mit den Menschen im Ort direkt am Fuß der Schwäbischen Alb. Viele hatten vorab im GEA gelesen, dass ihr Heimatort an diesem Tag Ziel des Multimedia-Autos werden würde, und waren gekommen, um über die wichtigen Themen zu sprechen, die sie ganz besonders beschäftigen. Die meisten machten ihrem Ärger über die Schließung der Volksbankfiliale Luft. Besonders ärgerlich fanden sie, dass auch noch der Geldautomat abgebaut wurde. Auch die Sorge, dass Glems die örtliche Grundschule verlieren könnte, treibt viele um. Als Ärgernis empfinden sie auch, dass ihr Ort zwar in Sichtweite eines großen Sendemastes liege, der Mobilfunkempfang aber katastrophal bis überhaupt nicht funktioniere.
Dass die Volksbank sich zurückgezogen und auch ihren Geldautomaten abgebaut hat, dafür hat Herbert Sailer kein Verständnis: »Auf der Volksbank liegt wahrscheinlich das meiste Vermögen der Menschen hier in Glems. Wie kann die Bank dann einfach gehen?«, macht er seinem Ärger Luft. Er lebt sein ganzes Leben schon in Glems und das gerne, betont er. Es sei ein schönes Dorf. Besonders gefallen ihm das jährliche Dorffest und der Weihnachtsmarkt. Und dass es hier die besten Brezeln weit und breit gebe – beim örtlichen Bäcker. »Glems darf nicht auch noch seine schöne Grundschule verlieren«, meint er.
Eduardo Teixeira ist Hausmeister in Glems. Er findet, dass der Ort immer mehr von seiner früheren Infrastruktur verliert. Dabei sei es doch so ein idyllisches Dorf. Der Ort bräuchte neben der Bäckerei auch wieder eine Metzgerei, wie früher. Die Schließung der Volksbankfiliale sei sehr schade. Die Diskussion um die Schließung der Grundschule beobachtet er mit Sorge. Er werde auf jeden Fall bei der Infoveranstaltung am Mittwoch, 29. Januar, in Glems dabei sein. Zum Mobilfunkempfang meint er nur: »Der ist oft gleich null.«
Das Ehepaar Martin und Dorothea Strobel sind richtig sauer auf die Volksbank. »Die hätten ihre Filiale nicht schließen dürfen. Ich überlege mir schon einen Wechsel zu einer anderen Bank«, meint Martin Strobel. Seine Frau Dorothea ergänzt: »Wenigstens den Geldautomaten hätten sie doch hier belassen können.« Auch die Grundschule solle so bleiben, wie sie ist. »Das würde mich für die Kinder freuen«, fügt sie hinzu. Sonst würden wieder nur Elterntaxis zur Schule ins benachbarte Neuhausen fahren. Ansonsten sind beide glücklich, in Glems zu leben. »Wir wohnen gerne hier«, sagen beide.
Andreas Kugel lebt seit gut eineinhalb Jahren in Glems. Dass die Volksbank nun komplett dichtgemacht hat, stört ihn nicht. »Ich nutze Online-Banking«, sagt er. Mehr irritiert ihn, dass der Bus durch zahlreiche enge Gassen des Ortes kurve: »Er könnte auch einfach an der Hauptstraße halten«, findet Kugel. Diese sei für die ältere Generation trotzdem von überall gut zu erreichen und Anwohner wären durch den Busverkehr weniger gestört. Einen Dorfladen zum Einkaufen würde er begrüßen.
Eine richtige Glemserin ist Iris Saupp. Sie lebt seit über 30 Jahren hier. Ihr Fazit nach drei Jahrzehnten Glems fällt allerdings eher nüchtern aus: »Das Dorf hat sich rückwärts entwickelt.« Wo früher noch Volksbank, Sparkasse, Einkaufsladen, Metzger und Bäcker ins Dorf einluden, ist heute nur noch die Bäckerei zu finden. »Wie soll man da noch junge Familien nach Glems locken«, fragt sie sich. Die Diskussion um die Schließung der Grundschule verfolgt sie auch deshalb mit großer Sorge. Enttäuscht zeigt sie sich auch über die fehlende Beleuchtung eines Fahrradweges, der von vielen Schülern genutzt wird. »Es hieß, dass die Beleuchtung mit der Verlegung der neuen Leitungen kommen soll – aber da hat sich bis heute noch nichts getan.« Richtig toll hingegen findet sie die Natur rund um Glems und die Gemeinschaft im Dorf. »Man kennt und hilft sich untereinander – das ist viel wert.«
John Gray ist vor gut einem Jahr von Nürnberg nach Glems gezogen. Den schlechten Mobilfunkempfang im Dorf nimmt er mit Humor: »Mich stört es nicht, wenn das Handy auch mal nicht klingelt«, sagt er mit einem Lachen. Für die Zukunft könnten Glems und insbesondere die örtliche Landwirtschaft mehr auf gemeinschaftliche Projekte setzen. Ein genossenschaftlich betriebener Laden beispielsweise, in dem lokale Produkte verkauft würden. »Auf der Alb gibt es dafür ja zahlreiche Beispiele«, sagt er.
Als Eberhard Schmächtig im Reutlinger General-Anzeiger liest, dass das GEA-Mobil heute in Glems unterwegs ist, hat er sich sofort auf den Weg gemacht. Dass die Volksbank jetzt auch noch ihren Geldautomaten abgezogen hat, obwohl er mietfrei dort hätte stehen bleiben können (der GEA berichtete), kann er absolut nicht verstehen. »Das ist die Krönung!«, bricht es aus ihm heraus. Für ihn spreche das von Ignoranz und Arroganz gegenüber Glems und seinen Bewohnern. Mit dem Mobilfunkempfang habe er glücklicherweise keine Probleme. Gäste hingegen müssten zum Telefonieren des Öfteren auf seinen Balkon ausweichen. Schmächtig schüttelt den Kopf und zeigt auf den großen Sendemast im Hintergrund: »So ein riesiges Teil und trotzdem kein Empfang.« Auf den Erhalt der Grundschule könne man nur hoffen, erzählt er.
Ganz schlimm findet Wolfgang Saalbach den Weggang der Volksbank und findet deutliche Worte: »Was für einen Grund haben die Glemser dann eigentlich noch, ihre Konten bei dieser Bank zu belassen?« In den letzten Jahren seien immer mehr Angebote aus dem Ort verschwunden. Er fürchtet, dass sich Glems auch zu einem sogenannten Schlafdorf entwickelt. Es gebe nur noch einen Getränkemarkt und den örtlichen Bäcker, dessen Brezeln er liebe. »Was ist, wenn der auch noch schließt, dann sieht’s aber schlecht aus.« Bäcker Reiner Gönninger beruhigt: »Ich mache weiter, solange es meine Gesundheit zulässt.« (GEA)