DETTINGEN. Seit der Reformation in Württemberg im Jahre 1534 lebten im gesamten Oberamt Urach fast nur Angehörige der evangelisch-lutherischen Landeskirche. In Dettingen wurden 1905 gerade einmal 58 Katholiken gezählt. 60 Jahre später war die Zahl der katholischen Gemeindemitglieder bedingt durch den Zustrom der Heimatvertriebenen auf nahezu 750 angewachsen. Heute zählt die Filialgemeinde Dettingen rund 1.700 Mitglieder.
Bereits im Advent 1939 wurden in Dettingen regelmäßig katholische Sonntagsgottesdienste gefeiert, 14-tägig versammelte sich die Gemeinde in einem Betsaal der altpietistischen Gemeinschaft. Ökumenische Toleranz und Hilfsbereitschaft also schon vor 85 Jahren.
Ökumenische Hilfsbereitschaft
Nach dem Krieg wuchs die Zahl der Katholiken in Dettingen durch den Zustrom der Heimatvertriebenen stark an. Der Wunsch nach einer eigenen Kirche wurde größer. Gegen Ende der 1950er-Jahre sah auch Stadtpfarrer Roth aus Bad Urach die Notwendigkeit des Kirchenbaues und bemühte sich bereits im Jahre 1959 in Zusammenarbeit mit der bürgerlichen Gemeinde um einen günstigen Bauplatz. Die Suche blieb jedoch erfolglos, da die Gemeinde selber keinen geeigneten Platz hatte oder beschaffen konnte. Die Kirchenverwaltung versuchte sich nun selbst zu helfen. Sie kaufte einzelne Parzellen aus Privatbesitz im Bereich »Wolfgarten« und besaß damit Ende 1961 ein genügend großes Grundstück.
Die Genehmigung zum Bau der Kirche gestaltete sich jedoch schwieriger als zunächst gedacht. Anwohner erhoben Einspruch gegen das Vorhaben. Sie begründeten ihren Einspruch mit dem Hinweis, dass der Wolfgartenweg im Ortsbauplan als reines Wohngebiet ausgewiesen worden sei und mit dem Bau einer Kirche eine vorher nicht bekannt gewesene Beeinträchtigung ihres Wohnwerts entstehe. Nach kontroverser Diskussion und mehreren Vertagungen des Beschlusses stimmte der Gemeinderat in einer dritten Sitzung für eine Ortsplanänderung und machte so den Weg frei für die Baugenehmigung. Die Presse titelte am 21. Februar 1962 »Die Kirche bleibt im Dorf!« und zeigt gleich ein Modell der geplanten Kirche.
Nach den Plänen der Architekten Reutter aus Wernau konnte im Oktober 1962 mit dem Bau der Kirche begonnen werden. Der Baukörper fügt sich mit seinem parabelförmigen Grundriss und dem geschwungenen Dach harmonisch in die Landschaft ein. Im Innern verwandeln die Kirchenfenster, geschaffen von Christian Oehler, an einem sonnigen Tag den eher nüchternen Kirchenraum in ein Zelt für Licht und Farbe. Man spürt die Anwesenheit des Schöpfergottes in jedem Raum, in jedem Winkel.
Die barocke Madonna: die Frau mit der Sonne umkleidet ist von besonderem Wert. Im Juli 1964 fand die feierliche Schlusssteinlegung statt, und am 2. Mai 1965 wurde die Kirche von Weihbischof Walter Sedlmeier eingeweiht. In Erinnerung an die im Jahre 1554 zerstörte Wallfahrtskirche des Kartäuserklosters im nahe gelegenen Güterstein, die eine steinerne Statue als Gnadenbild besessen haben soll, wurde die Dettinger Kirche »Maria zum Guten Stein« gewidmet. (k)
DIE KIRCHE FEIERT
Die Kirchengemeinde feiert das Jubiläum mit verschiedenen Veranstaltungen. Den Auftakt bildet ein feierlicher Gottesdienst am Sonntag, 11. Mai. Er wird mitgestaltet vom Kirchenchor und beginnt um 18 Uhr. (k)