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Mutter der Igel ist tot: Zukunft der Riedericher Igelstation ungewisst

Seit dem Tod der 69-Jährigen ist ungewiss, wie es mit der Auffangstation und den Igeln, die im Frühjahr in die Natur entlassen werden, weitergehen soll.

Mit Christl Reusch verliert die Igelstation ihre wertvollste Helferin.
Mit Christl Reusch verliert die Igelstation ihre wertvollste Helferin. Foto: IGELVEREIN
Mit Christl Reusch verliert die Igelstation ihre wertvollste Helferin.
Foto: IGELVEREIN

RIEDERICH. »Die Igel waren ihre Lebensaufgabe«, erzählt Melanie Bauer über ihre Mutter, die am 20. Februar im Alter von 69 Jahren verstorben ist. Christl Reusch war als Tierfreundin mit einem riesengroßen Herzen bekannt. »Als sie mit mir schwanger war, hat mein Vater ihr im November den ersten Igel mit nach Hause gebracht.« Da habe die Riedericherin ihr Herz an die kleinen Stacheltiere verloren, die oft keinen Fürsprecher haben. »Ihr haben die Igel immer so leidgetan. Weil oft der Mensch schuld ist, dass es ihnen nicht gut geht.« Gifte im Garten, der Verkehr und Steingärten machen es den geschützten Tieren schwer zu überleben. »Sie hat immer gesagt: Die man findet, muss man retten.« Ihre Tierliebe habe sich herumgesprochen.

Zum Beispiel bei ihrer Arbeit, als die Näherin noch bei Hugo Boss gearbeitet hat, dann auch in der Nachbarschaft und schließlich bei der Gemeinde. Später sind Christl Reusch und ihre Tochter der Igelinteressengemeinschaft Reutlingen beigetreten. »Aus drei Igeln wurden sechs und jedes Jahr wurden es mehr. In manchen Jahren haben wir im Wohnhaus meiner Mutter bis zu 140 Igel versorgt.« Doch wie geht es jetzt weiter? Melanie ist ratlos. Das Gros der Arbeit hat ihre Mutter erledigt. Schon jetzt sprechen Leute, die verletzte Igel gefunden haben, auf den Anrufbeantworter. Melanie muss sie abweisen. »Ich weiß nicht, wo die vielen Igel in den kommenden Jahren untergebracht werden sollen«, sagt sie.

Viele Igel noch im Winterschlaf

Ihre größte Sorge sind nun aber die 70 Igel, die momentan noch in Riederich untergebracht sind. Die meisten sind noch im Winterschlaf. Zwölf sind schon wach und werden von einigen Damen verpflegt, die schon vor dem Tod von Christl Reusch mit angepackt haben. Sie seien aber jetzt schon am Limit. Die Käfige müssen täglich gereinigt werden. Auch die Futter- und Wasserschalen müssen sauber gehalten und frisch befüllt werden. Wenn alle Igel wach sind, können sie die Arbeit nicht mehr bewältigen. Normalerweise wachen Igel im März oder April auf.

HILFE FÜR DEN VEREIN

Wer bei der Versorgung der 70 Igel in Riederich helfen oder einen Igel im eigenen Garten auswildern kann, kann sich gerne unter 07123 34063 melden. Für jede Geldspende an die Igelinteressengemeinschaft Reutlingen auf IBAN: DE 7760 3900 0001 0488 2000 ist der Igelverein dankbar. (GEA)

»Es gibt auch Langschläfer, die bis Mai schlafen«, erzählt Melanie. Wacht ein Igel auf, bleibt er noch einige Zeit in der Station, bis er schwer genug ist. Er müsse mindestens 700 Gramm wiegen. In dieser Aufpäppelzeit wird die Auswilderung organisiert. Ein Igel braucht einen Unterschlupf an einem geschützten Platz, unter der Terrasse, hinter einem Holzstapel oder unter einem Busch. Dort füttert man ihn dann noch einige Wochen, da die Jungtiere das Leben in der Natur nicht kennen. Wer einen großen Garten hat, um einen oder zwei der Riedericher Igel aufzunehmen, kann sich bei der Igelstation melden.

Mehr Unterstützung vom Land

Wie es nach der Auswilderung mit der Igelstation weitergeht, weiß Melanie nicht. »Ohne meine Mama ist es schwierig.« Für die Zukunft der Igelhilfe wünscht sie sich mehr Unterstützung vom Land und von der Stadt. Dann könnte der Igelverein vielleicht jemanden finanzieren, der die allgemeine Pflege der Tiere in Riederich übernimmt, während sich das Team vom Igelverein um die medizinische Versorgung kümmert. Wenn es dazu noch mehr Menschen gäbe, die bereit wären, gesunde junge Igel bei sich zu Hause aufzupäppeln und überwintern zu lassen, könnte die Igelarbeit in Riederich vielleicht eine Zukunft haben.

»Meine Mutter hatte nie Urlaub«, erzählt sie. »Sie war rund um die Uhr für die Igel da. Aber Igelarbeit muss auch Spaß machen. Es darf nicht zu einer so großen Belastung werden, wie es am Ende bei meiner Mutter war. Sie hatte oft keine Kraft mehr und hat dann trotzdem weitergemacht.« Selbst zwei Wochen vor ihrem Tod hat Christl Reusch noch zwei Igel in Not aufgenommen. Viele der Igel, die im Frühjahr in die Natur entlassen werden, hat sie von Hand aufgezogen. (pm)