DETTINGEN. Eine Nachricht hatte unter Dettinger Eltern für helle Aufregung gesorgt, manche seien laut Sandra Kiemlen, pädagogische Gesamtleiterin der Kindergärten im Ort, regelrecht von Existenzängsten geplagt gewesen. Die bürgerliche Gemeinde und die Kirchengemeinde als Träger der Kindergärten hatten mangels Personal Einschränkungen in der Betreuung ab September angekündigt: Die Ganztagsbetreuung für Kinder über drei Jahren könne nicht mehr bis 15 beziehungsweise 17 Uhr, sondern lediglich bis 13 Uhr angeboten werden. Der drastische Einschnitt bei dieser Form der Betreuung – 90 Eltern nehmen sie derzeit in Anspruch – ist überraschenderweise nun zunächst einmal vom Tisch, die verlängerten Öffnungszeiten werden beibehalten. An der angespannten Personalsituation hat sich zwar immer noch nichts geändert, es fehlen in Dettingen rechnerisch insgesamt 8,7 Erzieherstellen.
Mangel an Fachkräften
Aber für die unerwartete Entspannung sorgte ein Schreiben des Ministeriums für Jugend, Kultus und Sport, das am Montagabend per E-Mail der Verwaltung und der Kirchengemeinde ins Haus geflattert war: Maßnahmen, die im laufenden Kindegartenjahr eingeführt wurden, um auf die herausfordernde Personalsituation in den Kommunen vorbereitet zu sein, werden verlängert. Demnach kann eine Fachkraft durch zwei Zusatzkräfte ersetzt werden, wenn der Mindestpersonalschlüssel dabei um nicht mehr als 20 Prozent unterschritten wird. Zudem ist es möglich, für einen beschränkten Zeitraum eine Fachkraft durch eine Zusatzkraft zu ersetzen und bei Erfüllung der Mindestpersonalzahl kann ausnahmsweise um bis zu zwei Kinder nach oben von der Höchstgruppenstärke abgewichen werden. Die verlängerte Maßnahme wird für weitere zwei Kindergartenjahre bis August 2025 gelten.
Die Mitteilung sorgte bei Eltern wie auch der Kommune und der evangelischen Kirche für Erleichterung: »Der Druck ist rausgenommen«, gab Sandra Kiemlen bei der Gemeinderatssitzung am Donnerstag zu. »Wir sind glücklich, dass wir den betroffenen Eltern die Angst nehmen können.« Aber: Die Belastung des pädagogischen Personals bleibe hoch. Und, so Bürgermeister Michael Hillert: »Die aktuelle Notlage ist zwar nicht eingetreten, aber wir werden die Probleme nicht aus der Welt bringen und in einen Engpass hineinlaufen.«
Bei gemeinsamen Gesprächen von Kommune, Kirche und den Eltern sollen bereits im Juli im Kooperationsausschuss Lösungen gesucht werden: »Es ist wichtig, die Eltern rechtzeitig mit ins Boot zu nehmen«, unterstrich FWV-Fraktionsvorsitzender Dr. Rolf Hägele und wurde von Dr. Michael Allmendinger in der Einschätzung bestätigt – die Gespräche müssten unter Abwägung aller Interessen geführt werden. Es sei, so Sandra Kiemlen, an der Zeit, gemeinsam langfristige Modelle zu erarbeiten – auch um dem Personal Perspektiven geben zu können. »Es stehen bereits viele Ideen im Raum, auch von Eltern.« Im Schreiben des Kultusministeriums heißt es: »Wir versuchen weiter mit den Verantwortlichen vor Ort die Balance zu halten zwischen der Belastung der pädagogischen Fachkräfte, dem Betreuungsbedarf der Eltern und dem Bildungsanspruch der Kinder.« Man mache sich mit allen Beteiligten laut Sandra Kiemlen in diesem Sinne auf einen langfristigen Weg, der geprägt sei von einem anhaltenden überregionalen Personalmangel: »Wir werden ihn gemeinsam meistern.«
Platzvergabe nach Punktesystem
Der brisante Tagesordnungspunkt »Reduzierung der Betreuungszeiten im Ganztagsangebot« war also von der Tagesordnung gestrichen, die Zuschauerränge blieben entsprechend leer. Doch ganz kamen die Gemeinderäte nicht ums Thema »Kinderbetreuung« herum, Verwaltungsmitarbeiterin Stefanie Jedele stellte die Bedarfsplanung für das Kindergartenjahr 2023/24 vor. Nach derzeitigem Stand wird der Bedarf im Bereich der Kinder über drei Jahren bei 406 Plätzen liegen, in Dettingen stehen 403 Plätze zur Verfügung – man sei hier gut aufgestellt. Anders sehe es im Krippenbereich aus, es liegen 94 Anmeldungen für 73 Plätze vor. Jedele sprach von einer Nach-Corona-Welle. Um Plätze zeitnah anbieten zu können, werden Krippenkinder früh möglichst (ab zwei Jahren und neun Monaten) in den Kindergarten wechseln. Es werde dennoch unter Umständen zu Wartezeiten von zwei bis drei und allerhöchstens, so Jedele, vier Monaten kommen.
Der steigende Bedarf an Betreuungsplätzen und der Mangel an Fachkräften führe sehr wahrscheinlich dazu, dass nicht jedem Kindergartenkind ein Betreuungsplatz zum gewünschten Aufnahmedatum angeboten werden könne. Deshalb seien Kriterien nach einem Punktesystem für die Platzvergabe erarbeitet worden – die höchste Punktzahl gibt es für Alleinlebende und berufstätige Eltern oder bei Härtefällen wie einer Kindeswohlgefährdung. (oech)