BAD URACH. Salvatore Piccolo kann’s kaum glauben, was in den vergangenen Monaten passiert ist: »Im Oktober hatten wir noch gar nichts«, blickt der 22-Jährige auf die gar nicht so weit entfernte Vergangenheit zurück. »Inzwischen sind wir ein Verein und trainieren in einer Halle«. Die rasante Entwicklung erstaunt den jungen Bad Uracher mit der großen Liebe zum Boxen am meisten: Als es vergangenen Frühherbst fast sommerlich warm war, hatte er aus Eigeninitiative Jungs ein Trainingsangebot gemacht: Unverbindlich, ohne Verpflichtung und im Freien – die Skateranlage an der Ulmer Straße hatte er sich als Trainingsgelände auserkoren.
Schon bei der Premiere war das Interesse größer als erwartet: Mit zehn Jungs hatte Salvatore Piccolo gerechnet, 20 waren gekommen. Schnell sprach sich das kostenlose Angebot rum, in Spitzenzeiten tummelten sich bis zu 50 junge Bad Uracher beim Training. Spätestens da war dem Initiator eines klar: Das Training muss in Bahnen gelenkt werden, allein wegen der Versicherung. In Eltern fand er ideelle Unterstützung und in Alexander Schott aus Bad Urach einen Sponsor, der sich von Piccolos Begeisterung anstecken ließ und ihn wo möglich über das Finanzielle hinaus unterstützt.
Großes Interesse am Training
Mit ins Boot kam dann auch Alexandra Waller vom Fachdienst Jugend-Bildung-Migration der Bruderhaus-Diakonie, die sich vor allem im Sinne einer Anschubhilfe um organisatorische Fragen und den Kontakt zur Stadt kümmerte. Das gemeinsame Engagement mündete jüngst in der Gründung des Vereins Piccolo Box Club und der hat offizielle Trainingszeiten in der Diegeleshalle erhalten – seit Mitte März wird montags von 18.45 eine Stunde lang trainiert, donnerstags treffen sich die Boxfans ab 18 bis 19.30 Uhr. Für Initiator Piccolo ist’s eine Zwischenetappe hin zu einem nächsten Ziel: Der junge Verein möchte unbedingt eigene Räume haben, in denen nur eines gemacht wird – geboxt.
Das Interesse am Training ist nach wie vor groß, vor allem Jungs im Alter von etwa sieben bis 14 Jahren mit Migrationshintergrund absolvieren nach wie vor mit großer Begeisterung ihre Trainingseinheiten bei Salvatore Piccolo, der inzwischen von Tolga Salici beim Training unterstützt wird. Manchmal ist auch Alexandra Waller helfend mit dabei, sie hat selbst Kampfsporterfahrung und kennt Salvatore Piccolo seit seiner frühesten Kindheit. »Ich kenne seine Leidenschaft für den Sport«, erklärt die Sozialpädagogin.
Trainerlizenz angestrebt
Sie zeigt sich begeistert, wie Salvatore Piccolo mit den Kids umgeht: »Liebevoll und warmherzig, aber auch klar und deutlich in den Regeln«, beschreibt sie den Umgang mit den Nachwuchssportlern. »Er holt sie da ab, wo sie sind und nimmt jeden als Persönlichkeit wahr.«
Boxen ist ein Kampfsport, bei dessen Training Aggressionen abgebaut werden – das ist ein Ziel des Freizeit-Trainers. Es sei ihm auch wichtig, den Jungs Disziplin und Werte zu vermitteln und die lose Gruppe zu einer Gemeinschaft zu formen. Immer wieder ruft Piccolo die Frage in die Runde »Wer sind wir?« und es schallt ihm lautstark entgegen »Ein Team!«. Ein freundlich-angenehmer, aber bestimmter Ton herrscht auch vor, wenn Trainer Piccolo die Liegestützen korrigiert – sich wegducken und so tun als ob, geht gar nicht: Leistung wird gefordert und mit großen Enthusiasmus auch erbracht.
»Es ging alles so schnell, die Ereignisse haben sich überschlagen«, bilanziert der 22-Jährige, der im zweiten Ausbildungsjahr zum Kfz-Mechatroniker ist. Die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft sind mit der Vereinsgründung geschaffen – es habe laut Alexandra Waller viel Arbeit dahinter gesteckt. Jetzt möchte Salvatore Piccolo auch sportlich in zweierlei Hinsicht durchstarten: Zum einen will er die C-Lizenz machen und den jungen Sportlern ein qualifizierter Trainer sein. Auch hat er seine eigene Liebe zum Boxen intensiviert und trainiert regelmäßig hart auf ein Ziel hin: In etwa drei Monaten, so hofft Piccolo, soll sein erster Amateurkampf stattfinden – unterstützt wird er auf dem Weg dahin von Tolga Salici und seinem Bruder Alfredo Piccolo.
Vorbereitung auf ersten Kampf
Er denkt schon weiter, träumt von Boxveranstaltungen in Bad Urach. Immer mit dabei in den Überlegungen sind die Jungs vom Verein, die er mit seiner Leidenschaft fürs Boxen angesteckt hat: Die dürften dann ihren Eltern zeigen, was sie im Piccolo Box Club gelernt haben und danach folgen Boxkämpfe. Gerne auch mit ihm, wie er freudestrahlend zugibt. (GEA)