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Der Dettinger Bock ohne Bock

Die Ziegenfreunde Dettingen freuen sich in diesem Jahr nur über vier Zicklein. Ortsspitzname »Goißkepf«

Vereinsmitglied Vera Weißer kennt die Ziegen seit vielen Jahren. Sie darf auch mal eines der vier Geißlein auf den Arm nehmen. F
Vereinsmitglied Vera Weißer kennt die Ziegen seit vielen Jahren. Sie darf auch mal eines der vier Geißlein auf den Arm nehmen. FOTO: BÖHM
Vereinsmitglied Vera Weißer kennt die Ziegen seit vielen Jahren. Sie darf auch mal eines der vier Geißlein auf den Arm nehmen. FOTO: BÖHM

DETTINGEN. In diesem Jahr gibt es beim Verein der Ziegenfreunde Dettingen nur vier Jungtiere. Sonst gibt es deutlich mehr bunte Geißlein. Der Grund: Ziegenbock Franz-Josef und die weiblichen Ziegen harmonierten nicht miteinander. So verleideten sie mit ihrem Geschubse und Gemecker dem Bock das Vergnügen.

Doch auch wenn es nun weniger Jungtiere gibt, steht fest: Die Dettinger lieben ihre Ziegen – und umgekehrt ebenso. Viele Menschen gehen gerne hinauf zum Ziegenstall, um die Vierbeiner zu streicheln und mit ihnen zu schmusen. Doch auch wenn sie Menschen mögen, gilt das nicht unbedingt genauso für die Tiere und ihre Artgenossen. Die Ziegen Michelle, Gloria, Saxi und Schneewittchen jedenfalls waren zu Bock Franz-Josef, den die Ziegenfreunde für kurze Zeit ins Gehege ließen, um für Nachwuchs zu sorgen, nicht damenhaft und schon gar nicht freundlich. »Sie haben ihn derart gerammt, dass er schlichtweg beleidigt war und wörtlich einfach keinen Bock mehr hatte«, erzählt Vera Weißer aus Frickenhausen. Sie hat den Verein 2005 mitgegründet. »Im Grunde war es eine Feierabend-Schnapsidee«, sagt sie. Jochen Buck aus Dettingen habe Ziegen hobbymäßig in seinem Garten gehalten. »Eines Tages kam jemand auf die Idee, die Tiere am Calverbühl weiden zu lassen, wo sich der Albverein jedes Jahr redlich mühen musste, die hüfthohen Dornen einzudämmen«, sagt Weißer.

»Die Ziegen gucken sich einfach von den Menschen ab, wie man das Scheunentor öffnet«

Der Versuch, den kleinen Berg zur Ziegenweide umzuwandeln, klappte. Ohnehin haben die Dettinger den Spitznamen »Goißkepf«, weil sie immer schon Ziegen gehalten hätten. Im Jahr 1793 sollen diese der Sage nach das Rathaus gestürmt und ihre Köpfe aus den Fenstern gestreckt haben, als Herzog Karl Eugen vorbeiritt. Damit hätten die Dettinger ihren Spitznamen weg gehabt.

Aus den ersten Anfängen der Ziegenhaltung am Calverbühl bildete sich ein Verein, der heute zehn bis 15 Aktive unter dem Vorsitz von Matthias Buck umfasst. Sie misten im großen Stallgebäude aus, füttern die Tiere im Winter oder kontrollieren von April bis November die Weiden. Denn gelegentlich büxen die Ziegen aus, was aufmerksame Dettinger in der Regel sofort dem Verein melden. »Die Ziegen gucken sich einfach von den Menschen ab, wie man das Scheunentor öffnet und weg sind sie«, berichtet Vera Weißer. Acht Weiden vom Waldheim bis zur Hohlen Linde stehen den 50 Ziegen zur Verfügung, die in zwei Herden aufgeteilt sind. »Die Dettinger Wald- und Wiesenmischung«, sagt Vera Weißer und ergänzt: »Wir haben mit Burenziegen, Anglo Nubiern, der Pfauenziege und der Bunten deutschen Edelziege begonnen und dann jeweils einen Bock hinzugeholt. Um Sortenreinheit ist es uns nie gegangen.«

Ziegen könnten nicht nur zur Landschaftspflege eingesetzt werden, sondern sorgten auch für Gesundheit. »Man hat festgestellt, dass die Zecken auf Ziegenweiden bis zu 70 Prozent weniger der gefährlichen Borrelien haben.«

Zum Entzücken der Besucher hat im vergangenen Winter eine ungeplante Schwangerschaft dazu geführt, dass es zu Silvester im Ziegenstall drei Zicklein gegeben hat, erzählt Weißer. »Dieses Jahr wollen wir dafür sorgen, dass wir zum Jahreswechsel wieder einige Junge haben.« Denn Kälte mache Ziegen nichts aus. Zurzeit jedoch haben nur die Ziegen Frieda und Kalinka je ein Zwillingspärchen geboren, nachdem der Bock Franz-Josef Reißaus genommen hatte.

»Dieses Jahr wollen wir dafür sorgen, dass es zum Jahreswechsel junge Ziegen gibt«

Die vier Geißlein sehen so identisch aus, dass die Mütter sie verwechselten. Darum müssten sie nahe an die Jungen heran gehen, um ihren Nachwuchs am Geruch zu erkennen. Wer die Ziegen besucht, schwört zwar angesichts der dicken Bäuche Stein und Bein, dass noch das ein oder andere Zicklein unterwegs ist. »Das ist nur das Futter«, sagt jedoch Vera Weißer, die zusammen mit einer »Ziegenhebamme« die Geburten seit vielen Jahren betreut.

Gerade stellen die Ziegenfreunde das Futter vorsichtig von Heu auf das eiweißreiche Gras um, damit die Tiere in den Mägen keine Koliken bekommen. Mitte bis Ende April werden voraussichtlich wieder bunte Ziegen den Calverbühl bevölkern. Damit beginnt in Dettingen traditionell der Sommer.

In diesem Frühjahr soll ein Bock noch weitere Zicklein zeugen. Doch dieser muss psychisch robuster sein als Franz-Josef und dessen Vorgänger 2019. »Den haben die Ziegen so geplagt, dass er sich irgendwann hinlegte und tot stellte«, berichtet Weißer.

Zurzeit dürfen Besucher gerne im Außenbereich zu den Ziegen des Vereins gehen, in den Stall dürfen sie jedoch nicht und sie sollen voneinander Abstand halten, sagt Vera Weißer. (GEA)