Logo
Aktuell Motette

Klavierquartette in der Tübinger Stiftskirche: Eher Brahms zu Ehren

Edle Kammermusik vor wenigen Besuchern in der Stiftskirche.  FOTO: BERNKLAU
Edle Kammermusik vor wenigen Besuchern in der Stiftskirche. FOTO: BERNKLAU
Edle Kammermusik vor wenigen Besuchern in der Stiftskirche. FOTO: BERNKLAU

TÜBINGEN. Die Stiftskirche war dünn besetzt – und trotzdem überfüllt am Samstagabend. Es gab sogar Gereiztheiten bei der Suche nach den kurz vor Beginn nur noch wenigen freien Plätzen mit Markierung. Weil die Motette als Gottesdienst gilt, durfte musiziert werden, vor Publikum, trotz Lockdown: und zwar Kammermusik – auch das eher eine Ausnahme. Zu Gast war ein Klavierquartett um die Geigerin Martina Trumpp und den Pianisten Bohumir Stehlik, dazu Guillaume Artus am Violoncello und der Bratschist Daniel Schwartz.

Sie begannen mit der Cello-Kantilene eines wunderhübschen Stücks später Romantik, dem Adagio aus Josef Suks erstem Opus, seinem Klavierquartett a-Moll. Der große Geiger hat es dem Schwiegervater Antonín Dvo rˇák gewidmet aber durchaus expressiv auch mit wagnerscher Harmonik gefärbt, die das Quartett schön zum Leuchten brachte.

Mit dem dann folgenden Klavierquartett Opus 25 führte sich der junge Hanseat Johannes Brahms 1862 in Wien ein, mit größtem Erfolg, auch wegen des damals dort so populären ungarischen Zigeunertons. Die leichte Klavierlastigkeit der Deutung war gewiss nicht ganz falsch und ließ zum zarten »Jeu perlé« und zuweilen auch mal zum etwas resoluteren Spiel des Pianisten doch noch genug Raum für die Streicher und ihre von Brahms so sorgsam verteilten solistischen Passagen.

Die Kontraste zwischen sinfonischer Fülle, zarter Melodik und wildem »Zingarese«-Temperament hatte das Quartett sehr sauber ausgearbeitet und abgestimmt, besonders im grandiosen Andante, das von zartem Schweben und triumphalem Gestus zurück zum Sanften changiert. »Diese Musik malt das Paradies«, hat der einstige Stiftskantor Gerhard Steiff einmal über Brahms gesagt.

Der Trauermarsch aus Beethovens dritter Sinfonie, der »Eroica«, war zwar ein passendes Ende angesichts der Bedrückung dieser Corona-Zeiten und zum etwas seltsamen Titel »Licht und Schatten – vivat Beethoven zum 250. Geburtstag«. Aber die Bearbeitung des Sinfoniesatzes durch seinen etwas jüngeren Zeitgenossen Ferdinand Ries für Klavierquartett offenbarte ein eher missglücktes Stück von Transkription: Die Fuge etwa, womit sich Beethoven bekanntermaßen schwertat, war ganz ihrer schlüssigen Stimmführung beraubt. Seine ganze Fassung hatte Ries zudem stark und etwas willkürlich zu seinem Instrument hin gebeugt, dem Klavier. Der anwachsende Beifall, an sich vollauf verdient, störte trotzdem, zumal im Programm ausdrücklich um Stille gebeten worden war. (GEA)