ROTTENBURG. Den silbernen Behälter mit dem fertigen Grillen-Eis platziert Thomas Micolino in seiner Verkaufstheke abseits von Vanille, Schoko, Erdbeere, Malaga oder Mango. Drapiert zwischen grünem Kunstrasen, aber mit ganzen Grillen als Topping obendrauf, ist der Abstand zwischen der Krabbeltier-Kreation und den anderen Eissorten ist ganz offensichtlich gewollt.
Sind Grillen eklig? Gehören sie ins Eis? Für Micolino ist das völlig klar: Selbstverständlich. Er liebt solche schrägen Kreationen. Leberwurst-Eis hat er für seine Kunden mit ihren Hunden erfunden, falls die Vierbeiner auch was zu Schlecken haben wollen. Letztes Jahr sorgte er mit seinem Gold-Eis für Schlagzeilen, bei dem er echtes Blattgold verarbeitete. Jetzt also Grillen. Die kleinen getrockneten Viecher zieren oben den Eisbottich, im Eis drin sind sie als Mehl verarbeitet.
Grillen aus Bio-Züchtung
»Für mich ist das ein ganz normales Eis. Die Grillen stammen aus einer baden-württembergischen Bio-Züchtung und ich bekomme sie in Tüten zu jeweils 30 Gramm. Dann verarbeite ich sie im Mixer zu Grillen-Mehl«, erklärt er. Dieses Grillen-Mehl ist seine Grundlage fürs Eis. Hinzu kommen noch die üblichen Zutaten für Speiseeis hinein: Milch, Sahne, Zucker, Sonnenblumenöl, Keks-Aroma, Bourbon-Vanille, Waldhonig und eine geheime Micolino-Spezialmischung, die er selbstverständlich nicht verrät.
»Die Leute, die mein Grillen-Eis zum ersten Mal kosten, sagen meistens, das schmeckt irgendwie nach Pistazien oder anderen Nüssen, aber das ist allein der Grillen-Geschmack.« Der habe in der Ursprungsform etwas ganz leicht bitteres Aroma, deshalb kommt ein ordentlicher Schuss Honig aus dem Schwarzwald hinzu: »Das schmeckt man dann hintenraus«, so Micolino - quasi die B-Geschmacksnote.
Ganze Grillen obendrauf
Auf die Idee zum Grillen-Eis ist er gekommen, als er von der neuen EU-Verordnung zu Lebensmitteln erfahren hat. Diese lässt jetzt auch Insekten wie Grillen oder auch die Larven des Getreideschimmelkäfers zu. "Dann habe ich im Internet gesucht, ob es Anbieter dafür gibt und tatsächlich sogar einen aus Baden-Württemberg gefunden. Fertig war das Projekt Grillen-Eis. "Ich muss mir immer etwas neues für meine Eistheke ausdenken, sonst wird mir langweilig", erklärt Micolino mit einem Grinsen.
Das mit dem Gold-Eis hat er allerdings aufgegeben. Vier Euro die Kugel war den Gästen seines Eiscafés dann doch irgendwie zu teuer. Einen kleinen Bestand an Leberwurst-Eis hat er noch in der Kühlung: »Für alle Fälle, eben dann, wenn Leute mit Hunden vorbeikommen.«
Das Grillen-Eis läuft nach seinen Angaben prima. Viele Kunden seien einfach neugierig und auch überrascht darüber, wie es denn so schmecke. Genauso wie Elvira Stecher und Silke Bauer, die ihr Grillen-Eis im Waffelhörnchen probieren - jeweils mit einer ganzen Grille als Topping obendrauf: »Die Grille ist knusprig und schmeckt ein wenig bitter«, sagt Elvira Stecher, aber ansonsten sei das Eis süß und lecker. Ihre Freundin Silke Bauer findet, es schmecke ein wenig wie türkischer Honig. Micolino fühlt sich bestätigt: Hintenraus schmeckt's eben doch nach Honig. (GEA)