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Verwirrung um 1.000 Coronavirus-Proben aus dem Kreis Tübingen: Es bleibt bei Nachtests

Labor meldet erst nicht mehr verwertbare Proben, gibt dann Entwarnung. Behörden fordern zweite Tests

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Eine Mitarbeiterin bereitet Proben von Menschen mit Covid-19-Verdacht in einem Labor vor. Foto: Sven Hoppe/dpa/Symbolbild
Eine Mitarbeiterin bereitet Proben von Menschen mit Covid-19-Verdacht in einem Labor vor. Foto: Sven Hoppe/dpa/Symbolbild

TÜBINGEN/STUTTGART. Bis zu rund 2 000 Menschen, deren Coronavirus-Tests in einem Ravensburger Labor untersucht werden sollten, sollen ein zweites Mal eine Probe abgeben. Das MVZ Labor Ravensburg hatte am Sonntag den Behörden mitgeteilt, dass rund 2 000 Proben aus den Kreisen Tübingen, Biberach, Ravensburg und dem Bodenseekreis zum Teil nicht mehr verwertbar sein könnten. Allein rund 1 000 Proben davon kamen aus dem Kreis Tübingen.

Am Montag gab die Einrichtung zwar Entwarnung und stellte klar: »Alle bei uns eingelieferten Proben werden wir schnellstmöglich untersuchen.« Die Behörden blieben aber auch am Montag bei ihrer Aufforderung vom Vortag: Betroffene, die noch kein Ergebnis und weiter Symptome haben, sollen demnach ein zweites Mal zum Test. Das Verhalten des Labors stiftete bei den Behörden Verwirrung. Kritisiert wurde die »unbefriedigende Kommunikation« des Labors.

Laut einem Sprecher des Gesundheitsministeriums waren am Sonntag »Hilferufe« aus den vier betroffenen Landratsämtern eingegangen. Die hätten Mitteilungen des privaten Labors erhalten, wonach Coronavirus-Proben von vergangener Woche wegen fehlender Chemikalien nicht rechtzeitig analysiert werden konnten und daher zum Teil nicht verwertbar seien. Die Behörden entschieden daher: Wer zwischen dem 14. und dem 18. März in den genannten Landkreisen eine Probe abgegeben, kein Ergebnis bekommen und zudem jetzt noch grippeähnliche Symptome und Fieber habe, soll sich bei seinem jeweiligen Gesundheitsamt melden, um einen weiteren Test zu veranlassen.

Der Tübinger Landrat, Joachim Walter (CDU), sagte, man habe zuvor immer mehr Anrufe von Bürgern bekommen, die auf ihr Testergebnis warteten. Vom Labor sei man nur vertröstet worden, dass es etwas länger daure. Dass Tests nicht verwertbar sein könnten, habe man erst am Sonntag erfahren.

Fachpersonal nicht im Einsatz

Am Montag teilte das Labor mit, alle Proben seien verwertbar. »Wir stellen hierzu klar, dass das Probenmaterial, wie auch von uns mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) besprochen, aus medizinischer Sicht weiterhin die Durchführung von Tests zulässt.« Proben von stationär behandelten Patienten sowie Proben von Risikopatienten seien schon zeitnah bearbeitet worden. Es stünden noch Proben von vergangenem Montag und Dienstag aus, die von Corona-Entnahmestellen oder ambulanten Einrichtungen eingesendet wurden. Man bedaure, »dass die betroffenen Patienten ihr Testergebnis später erhalten, als dies bei vollständig funktionierenden Lieferketten möglich wäre.« Das Labor hat demnach wieder die nötigen Chemikalien. Erneute Tests seien nicht nötig, sagte eine Labor-Sprecherin.

Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sagte: »Wir nehmen das mit großer Verwunderung zur Kenntnis.« Das sei eine »unbefriedigende Kommunikation, die uns irritiert und erstaunt«. Wenn die Betroffenen tatsächlich ihre ausstehenden Ergebnisse bekämen, sei das zu begrüßen. Trotzdem bleibe man bei der Linie vom Sonntag, wonach Betroffene mit Symptomen erneut zum Testen sollen. Im Zweifel bekämen sie das Ergebnis eben zweimal, sagte der Sprecher.

»Wirklich inakzeptabel« sei das Verhalten des Labors, sagte die Notärztin Lisa Federle, die die Tübinger Teststelle federführend aufgebaut hatte. Dramatisch sei, dass unter den getesteten Menschen aus dem Rettungsdienst, Ärzte und medizinisches Fachpersonal seien. Die habe man vorerst aus dem Verkehr ziehen müssen. Außerdem bestehe die Gefahr, dass Infizierte nicht erkannt worden seien. »Unser Landkreis kann keine klare Prognose mehr abgeben«, sagte Federle. »Und das ist ein Skandal.« Das Labor könnte den Fehler zumindest zugeben, kritisierte sie. »Wir haben uns auf den Kopf gestellt, um die Verbreitung zu verhindern.« Diese Arbeit werde nun zunichtegemacht. Neue Proben werde sie nicht mehr an das Ravensburger Labor schicken.

Auf GEA-Nachfrage beim Tübinger Landratsamt teilte Pressesprecherin Martina Guizetti am Nachmittag mit, dass mit den nötigen Nachtests bereits begonnen wurde. Diese würden in der Drive-in-Teststation auf dem Tübinger Festplatz im Rahmen der regulären Tests vorgenommen, wo der Stäbchen-Abstrich jeweils durchs Fenster im eigenen Fahrzeug erfolgt (wir berichteten). Eine Sonderreihe mit Nachhol-Tests gebe es nicht.

»Ich war von der Stellungnahme des Labors sehr überrascht, schließlich hat man uns von dort am gestrigen Sonntag mitgeteilt, dass die Proben im entsprechenden Zeitraum nicht mehr analysiert werden können, weil diese aufgrund der langen Lagerung nicht aussagekräftig seien«., so Landrat Joachim Walter. Und weiter: »Wenn wir gestern diese besorgniserregende Nachricht nicht bekommen hätten, dann wären wir auch nicht nach außen gegangen, um die betroffenen Menschen zu informieren. Es sind Menschen, die im Ungewissen sind. Für mich ist klar: Wir bleiben bei unserer Linie.«

Die Tübinger Tropenklinik Paul-Lechler-Krankenhaus meldet indes einen ersten Covid-19-Todesfall: Eine 91-jährige Akutpatientin verstarb am Samstag. Aktuell werden dort mehrere Verdachtsfälle und drei positiv getestete Patienten behandelt. Sollte bei kritischen Verläufen die Beatmungspflicht eintreten, erfolge die Verlegung in die Uniklinik. (dpa/GEA)

COVID-19 IM LANDKREIS

Im Landkeis Tübingen sind derzeit 191 Menschen positiv auf Covid-19 gestestet worden (Stand Montag, 23. März, 19 Uhr). Darunter sind mehrere Jugendliche, aber auch ältere Menschen. Die älteste betroffene Person ist Jahrgang 1927. Unter den positiv gestesteten Personen sind immer noch einige Südtirol-Rückkehrer, heißt es vom Landratsamt, aber auch Kontaktpersonen von Infizierten. (GEA)