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Tübinger Forscher wissen jetzt: So war das Essen unserer Steinzeit-Vorfahren

Wissenschaftler aus Tübingen haben Ernährungsgewohnheiten und Jagdstrategien von Frühmenschen der mittleren Altsteinzeit untersucht.

Die etwa 81.000 bis 45.000 Jahre alte Fundstelle im südlichen Zagros-Gebirge.  FOTO: TISARP
Die etwa 81.000 bis 45.000 Jahre alte Fundstelle im südlichen Zagros-Gebirge. Foto: Tisarp
Die etwa 81.000 bis 45.000 Jahre alte Fundstelle im südlichen Zagros-Gebirge.
Foto: Tisarp

TÜBINGEN. Forschende des Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment (SHEP) an der Universität Tübingen zeigen in einer im Fachjournal »Scientific Reports« erschienenen Studie, dass sich Frühmenschen des Mittelpaläolithikums vielfältiger ernährten als bislang angenommen. Die Analyse einer Fundstelle im iranischen Zagros-Gebirge belegt, dass Homininen vor circa 81.000 bis 45.000 Jahren sowohl Huftiere als auch Schildkröten und Raubtiere bejagten. Möglicherweise wurden auch Vögel verspeist.

Neue Erkenntnisse

Bereits im Altpaläolithikum, dem frühesten Abschnitt der Altsteinzeit, haben die Vorfahren des heutigen Menschen effektiv Jagd auf kleine und große Säugetiere gemacht. "Die Homininen des anschließenden Mittelpaläolithikums – dem Zeitraum zwischen 300.000 und 45.000 Jahren – ernährten sich laut verschiedener Untersuchungen hauptsächlich von Huftieren.

Dennoch gibt es immer mehr Belege dafür, dass zumindest gelegentlich auch Schildkröten, Vögel, Hasenartige, Fische und fleischfressende Raubtiere auf dem Speiseplan von Neandertaler und Co. standen", erläutert Mario Mata-González, Erstautor der neuen Studie und Doktorand an der Universität Tübingen, und fährt fort: "Die Rekonstruktion von Ernährungsgewohnheiten früherer Homininen ist eines der Hauptziele archäozoologischer Studien. Sie geben Aufschluss darüber, wie sich unsere Vorfahren an unterschiedliche Umgebungen anpassten und mit ihnen interagierten."

Mario Mata-González von der Univer-sität Tübingen.  FOTO: PRIVAT
Mario Mata-González von der Universität Tübingen. Foto: Privat
Mario Mata-González von der Universität Tübingen.
Foto: Privat

Mata-González hat gemeinsam mit weiteren SHEP-Forschenden die erste umfassende und systematische Nahrungsanalyse an einer spätpleistozänen, etwa 81.000 bis 45.000 Jahre alten Fundstelle im südlichen Zagros-Gebirge durchgeführt. »Das Zagros-Gebirge ist nicht nur der größte Höhenzug Irans, sondern gilt auch als eine geografische Schlüsselregion für die Untersuchung der menschlichen Evolution in Südwestasien während des Mittelpaläolithikums, insbesondere wegen seiner heterogenen Topografie und seiner großen Umweltvielfalt«, ergänzt er.

Bislang waren die archäozoologischen Funde aus dem Gebirge fast ausschließlich auf Huftiere beschränkt. Die Ergebnisse von der Fundstelle Ghar-e Boof zeigen aber, dass zur Nahrung der dortigen Homininen unter anderem auch Raubtiere und Schildkröten zählten. »Mehr als 75 Prozent der Fauna von Ghar-e Boof besteht aus Huftieren – von kleinen bis sehr großen Arten. Wir haben vor allem Überreste von Wildziegen und Gazellen gefunden. In geringerer Anzahl konnten wir zudem Wildschweine, Rothirsche, Pferdeähnliche und Wildrinder dokumentieren«, erläutert der Tübinger Doktorand und spricht weiter: »Neben den Huftieren sind Schildkröten die am häufigsten vorkommende Art, deren Fossilien wir auf der etwa 18 Quadratmeter großen Ausgrabungsfläche bergen konnten.« (eg)