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Aktuell Engagement

So wird das Vereinsheim digital

»Fit fürs Ehrenamt:« In der Fortbildungsreihe in Tübingen gibt Hans-Jürgen Schwarz Anregungen

Ein Laptop mit Binärcode und beleuchteter Tastatur
Auf dem Bildschirm eines Laptops ist ein Binärcode zu sehen. Foto: Oliver Berg/Achiv
Auf dem Bildschirm eines Laptops ist ein Binärcode zu sehen. Foto: Oliver Berg/Achiv

TÜBINGEN. »Fangen Sie frühzeitig mit dem Thema Digitalisierung in Ihrem Verein an. Das ist keine Bedrohung, sondern eine Chance für die Zukunft«, so Vereinsexperte Hans-Jürgen Schwarz in seinem Vortrag zum Auftakt der Fortbildungsreihe »Fit fürs Ehrenamt«, die von der Stadt Tübingen in Kooperation mit der Volkshochschule veranstaltet wird und Vereine und Initiativen ansprechen möchte.

Dass der Informationsbedarf groß ist, zeigte sich an den zahlreichen Besuchern, die den Vortrag im Tübinger Rathaus hören wollten. Zweieinhalb Stunden lang bekamen sie von Schwarz, dem Gründer und Präsidenten des Bundesverbands der Vereine und des Ehrenamts und Kooperationspartner der Veranstalterin, viele Anregungen, wie sie Vereinsarbeit auch für den Nachwuchs attraktiv gestalten und Brücken zwischen den Generationen bauen können.

Zunächst machte Schwarz deutlich, wo Vereine heute überwiegend stehen. »Vereinsarbeit beruht auf gewachsenen Strukturen, Kommunikation und Organisation entstehen auf Zuruf und Verwaltung dort, wo sie anfällt.« Zudem seien die Strukturen meist hierarchisch und starr. Der Verein lebe immer noch im System: »Karle, dätsch mer môl«. Bei der Jugend bekomme man so eine Haltung aber nicht mehr durch. »Das erschwert die Nachfolge oder macht sie sogar ganz unmöglich.«

Hans-Jürgen Schwarz, Gründer und Präsident des Bundesverbands der Vereine und des Ehrenamts.  FOTO: WEBER
Hans-Jürgen Schwarz, Gründer und Präsident des Bundesverbands der Vereine und des Ehrenamts. FOTO: WEBER
Hans-Jürgen Schwarz, Gründer und Präsident des Bundesverbands der Vereine und des Ehrenamts. FOTO: WEBER
»Vereine, die nicht digitalisiert sind, werden sich in fünf Jahren aufgelöst haben«

Digitalisierung in Verein und Ehrenamt sei der richtige Weg, so Schwarz, der als Unternehmer 30 Jahre Erfahrung im IT-Bereich hat. »Wir brauchen eine virtuelle und eine reale Welt. Ich bin überzeugt, dass sich Vereine, die nicht digitalisiert sind, in fünf Jahren aufgelöst haben.« Zu bedenken sei auch, dass viele ältere Mitglieder einen Computer haben und sich fit im Internet bewegen. Der digitalisierte Verein könne ihnen die Kommunikation erleichtern und zur Informationsquelle werden. Das »digitale Vereinsheim« ermögliche allen Mitgliedern aktive Teilhabe. »Teilen Sie Ihren Mitgliedern mit, dass wichtige News und Termine immer aktuell auf der Website des Vereins zu finden sind. Sie werden staunen, wie viele Klicks die Seite bekommt.«

Angelehnt an das Regierungsprojekt Industrie 4.0 benötige man auch in Verein und Ehrenamt neue Strategien, um das Engagement weiterzubringen und voranzutreiben. Wichtig sei, den Verein von Anfang an datenschutzkonform zu verwalten. In seinem Vortrag befasste sich Schwarz auch mit der Datenschutzgrundverordnung, die immer noch große Verunsicherung schafft. Doch man dürfe sich nicht Bange machen lassen. »Die Verordnung bringt für uns zwar einen höheren Aufwand, sie hat aber auch Vorteile. Wir erkennen, was bei uns im Verein funktioniert und was nicht. Und damit können wir uns dann aktiv weiterentwickeln. Verein 4.0 heißt auch, dass sich Dinge ändern und daran sollte man sich frühzeitig gewöhnen.«

»Wir brauchen eine leichte Satzung ohne Ballast. Das ermöglicht agiles Handeln«

Auch daran, dass alte Satzungen ausgedient haben. Viele Regelungen seien starr und ohne Nutzen; Flexibilisierung sei oft ausgeschlossen, Digitalisierung nicht vorgesehen. »Wir brauchen eine leichte Satzung ohne Ballast. Das ermöglicht agiles Handeln«, so Schwarz. Dann muss nicht erst die Satzung geändert werden, wenn etwa der Mitgliedsbeitrag erhöht werden soll. Falls ein Verein eine Website habe, müsse sie immer auf dem neuesten Stand sein. »Dann wird sich die Frage stellen, wer vom Verein die Seite aktualisiert und betreut. Wenn Sie Hilfe brauchen, gehen Sie auf die Universität zu. Sie haben hier in Tübingen viele Möglichkeiten, sich auch von Studenten unterstützen zu lassen.«

Fürs Überleben eines Vereins sei auch die Öffentlichkeitsarbeit wichtig, betonte Schwarz. »Stoßen Sie Dinge im Verein an, die zu ihm passen und lassen Sie die Öffentlichkeit teilhaben. Kommunizieren Sie Ihre Vorhaben über die Website und nutzen Sie Veranstaltungen, um auf sich aufmerksam zu machen.«

Einige Besucher des Vortrags kritisierten die regionalen Medien. »Sie sind oft sperrig, wenn es um unsere Vereinsarbeit geht«, meinten sie. »Wir fühlen uns einfach nicht beachtet.« Den Medien seien leider oft die Mittel begrenzt, so Schwarz. Das enge den Platz ein, auch was Vereinsberichte anbelange.

Schlanke Satzung, Nachfolge, Digitalisierung oder DSGVO-Konformität: Mit weiteren Vorträgen wird Vereinsexperte Schwarz die einzelnen Themen vertiefen, die er beim Auftakt angesprochen hat. Die Termine der weiteren Veranstaltungen und Informationen dazu veröffentlicht die Stadt Tübingen. (GEA)

 

www.tuebingen.de/buergerengagement

 

ZUKUNFTSFÄHIGE VEREINE

Strukturen analysieren, Kommunikation prüfen

»Überdenken Sie zunächst einmal Ihre eigenen Strukturen«, rät Hans-Jürgen Schwarz Vereinen, die sich verändern und damit zukunftsfähig werden wollen. Zu Beginn müsse man sich einige Fragen stellen, durchaus auch selbstkritische. Wer ist für was zuständig? Gibt es für die einzelnen Vorstandsposten bestimmte Profile? Wie sind die Abläufe bei uns im Verein? »Wenn wir diese nicht kennen, können wir sie auch nicht digitalisieren«, so Schwarz. Wichtig sei auch, wie die Kommunikation ablaufe. Gibt es im Verein Konflikte? Werden diese angegangen oder scheut man sich vor konstruktiver Kritik? »Falls es nicht schon der Fall ist, sollten Unterlagen wie Mitgliederlisten oder Protokolle an einer Stelle zusammengeführt werden, um sie für künftige Generationen datenschutzkonform zu verwalten.« (raw)