KREIS TÜBINGEN. Der russische Angriff auf die Ukraine hat auch konkrete Auswirkungen gezeitigt auf die Arbeit des Jobcenters im Landkreis Tübingen. Wie die Geschäftsführerinnen Sabrina Lamneck und Alexandra Quernes in ihrem aktuellen Bericht hervorheben, ist das Bild geprägt von einem steilen Anstieg der Anzahl an Kunden, Bedarfsgemeinschaften und Arbeitslosen.
Die Sicherung des Lebensunterhalts der geflüchteten Menschen hat Vorrang, betonen die Geschäftsführerinnen. Die ursprünglichen Planungen und Zielvorstellungen waren durch die neue Lage rasch überholt. Viele Flüchtlinge haben angerufen oder selbst vorgesprochen. Die Ausgaben für Arbeitslosengeld II und Sozialgeld sind gestiegen. Gleichzeitig konnten weniger Menschen von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen profitieren, weil die Kräfte gebunden waren.
Nach Corona anderes erwartet
Der Anstieg im Landkreis war höher als der Landesdurchschnitt. Die Zahl der Arbeitslosen nach SGB II stieg seit Dezember 2021, also wenige Wochen vor Kriegsbeginn, um fast 520 Menschen auf rund 2 250. Das ist ein Zuwachs um knapp 30 Prozent. Landesweit war der Zuwachs mit 16 Prozent nur etwa halb so stark.
Die Statistik zeigt eine ziemlich ähnliche Kurve bei den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten. 2021 war sie von zeitweise mehr als 5 100 Menschen auf 4 450 am Jahresende gesunken. 2022 schien die Entwicklung anzuhalten. Jeden Monat ging’s zunächst noch etwas weiter nach unten.
Das entsprach den vorher formulierten Erwartungen der Fachleute. Den Prognosen zufolge war nach dem Ende der Corona-Zeit eine Rückkehr zu Verhältnissen wie 2019 wahrscheinlich. Ab Juni galten dann jedoch die SGB II-Bedingungen auch für die Flüchtlinge aus der Ukraine, die Vorhersagen galten nicht mehr.
In der Statistik führte dies zu einem enormen Sprung. Vom Tiefstand im Mai (etwas mehr als 4 300 Leistungsberechtigte) ging’s im Juni hoch auf 5 050. Im August wurde der Höchststand erreicht mit mehr als 5 400.
Bei den Bedarfsgemeinschaften sehen die Kurven genauso aus. Von Mai auf Juni ein Sprung von 3 250 auf fast 3 800, der Höchststand (knapp 4 030) war auch hier im August erreicht.
Im Jobcenter Landkreis Tübingen waren zum Jahreswechsel 106 Mitarbeiter beschäftigt. Ende 2021 waren es mit 111 nur wenige mehr. Allerdings rechnet die Behörde mit Vollzeit-Äquivalenten, und da ergab sich zwischen 2021 und 2022 kein Unterschied. Es waren jeweils genau 95,97. (-jk)